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Roter Teppich für Boris Jelzin

■ Ab heute ist Rußlands Staatspräsident zu Besuch in Deutschland / Das sensible Hauptthema sind die diversen Abschiedsfeierlichkeiten der Alliierten / Kaum noch Chancen für eine gemeinsame Zeremonie

Berlin (taz/dpa/AFP) – Der Teppich ist rot, der heute auf dem Flughafen Köln/Bonn für den russischen Präsidenten ausgerollt wird. Doch die Stimmung ist grau. Boris Jelzin hat Schwieriges mit dem Bundeskanzler zu besprechen. Da geht es um deutsche Kunstschätze, die die Bundesregierung von Rußland wieder haben will, um Jelzins Wunsch, den Wirtschaftsgipfel G 7 auf einen G- 8-Gipfel zu erweitern, und vor allem um das sensible Thema: Abschied von den russischen Streitkräften. Denn die Bundesregierung will partout die frühere Anti- Hitler-Koalition spalten; ein Vorhaben, das in Rußland für Verbitterung sorgt und in Deutschland die Sozialdemokraten entzweit.

Konsens zwischen Regierung und Oppositionsführer Scharping ist: Eine gemeinsame Feier von Soldaten der russischen Westgruppe und den Soldaten der westlichen Alliierten soll es nicht geben. Amerikaner, Franzosen, Briten sollen zusammen mit ihren Präsidenten und Helmut Kohl am 8. September mit einer Truppenparade in Berlin gefeiert werden. Generaloberst Matwej Burlakows Truppen sollen dagegen mit Kohl und Jelzin ganz alleine am 31. August verabschiedet werden.

Als Trostpflaster hat die Bundesregierung ein deutsch-russisches Kulturfest in Weimar angeboten, nur einige Kilometer entfernt vom ehemaligen sowjetischen Internierungslager Buchenwald. Burlakow hat gegen einen Abschied „zweiter Klasse“ kräftig protestiert und bei Jelzin interveniert, aber noch ist die Peinlichkeit nicht vom Tisch.

Bei dem Zwiegespräch zwischen Kohl und Jelzin über den geteilten Abschied hat der russische Präsident keine guten Karten. Denn schon vor Monaten wurde ausgemacht, daß der letzte Soldat am 31. August das Hauptquartier Wünsdorf verläßt. Der Streit ist mehr zu einem innerdeutschen Zank geworden und entzweit vor allem die Sozialdemokraten. So sprachen sich am Wochenanfang alle fünf SPD-Spitzenkandidaten der neuen Länder in einem Memorandum für eine gleichrangige Verabschiedung aus. Schließlich habe die Sowjetunion die „Hauptlast des Kampfes gegen den Hitlerfaschismus“ getragen. Daß es darum nicht geht, sondern um die Nachkriegszeit, bewies vorgestern die SPD-Spitze. Die Westalliierten seien „Befreier“, die Sowjets eine „Besatzungsmacht“ gewesen, erklärte Generalsekretär Verheugen. Und so ist, weil die politische Klasse sich einig ist und Jelzin außer Freundschaft nicht viel zu bieten hat, nur eines bisher klar: Zwischen dem Bonner Kanzleramt und dem Kreml wird ganz offiziell ein „Rotes Telefon“ eingerichtet. Anita Kugler

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