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Zeitdruck bedingt Plutoniumverlust

■ In der kleinen Atomfabrik Tokaimura mußten die Brennelemente für Japans Brüter schnell fertig werden

Tokio (taz) – Die japanischen Atombehörden hätten Informationen über den möglichen Verlust von Plutonium jahrelang versteckt gehalten und die Betreibergesellschaften im Umgang mit dem Bombenrohstoff unzureichend kontrolliert. Das warf gestern der Atomphysiker Jinzaburo Takagi, Japans renommiertester Atomkritiker, der Regierung in Tokio vor. Takagi reagierte in einem Gespräch mit der taz auf die Vermißtmeldung von 70 Kilogramm Plutonium in der japanischen Brennelementefabrik von Tokaimura.

Bei einer Routinekontrolle im April hatten Mitarbeiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Tokaimura festgestellt, daß in der Bilanz der Anlage 70 Kilogramm Plutonium, ausreichend für neun Atombomben, verschwunden waren. Die japanischen Atombehörden räumten daraufhin ein, daß eine genaue Feststellung des Plutoniums derzeit nicht möglich sei. Jedoch befände sich das Gift in Form von Restbeständen im Inneren der Anlage von Tokaimura. „Wir können in vollen Vertrauen sagen, daß kein Plutonium entwendet worden ist“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.

Takagi hat berechnet, daß die vermißten 70 Kilogramm insgesamt 2,3 Prozent der gesamten Verarbeitungsmenge an Plutonium in Tokaimura ausmachen. „Das ist einfach zuviel“, wertete der Atomphysiker den Befund. Experten rechnen üblicherweise mit einem Anteil unter 1 Prozent an nicht mehr nachweisbarem Plutonium in den Materialbilanzen von Brennelementefabriken und Wiederaufarbeitungsanlagen. Grund für diese mangelhafte Plutoniumverarbeitung ist nach Auskunft Takagis der Zeitdruck, unter den sich die Betreibergesellschaften gestellt hatten. Tatsächlich wurden in Tokaimura die Brennelemente für den ersten japanischen Schnellbrüter Monju hergestellt, der im Frühjahr in Betrieb genommen wurde. Dabei mißachteten die Betreiber offenbar, wieviel Plutonium im Produktionsprozeß verlorengegangen war.

Nach Angaben des Wissenschaftsministeriums soll die Anlage von Tokaimura jetzt „Stück für Stück“ nach dem Plutonium untersucht werden. „Die Aufgabe ist so schwer, daß sie wahrscheinlich unkonsequent durchgeführt wird“, urteilte Takagi.

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