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Bikes'n dykes Von Klaudia Brunst

Neulich stand ich zufällig mal wieder auf unserer Haushaltswaage. „Und?“ fragte meine Freundin neugierig aus dem Schlafzimmer. „Nicht der Rede wert“, flötete ich mit gespielter Gelassenheit, während ich mich ungläubig hinunterbeugte, um die neu hinzugekommenen Striche auf der Waage einmal aus der Nähe zu betrachten.

„Tu mal wieder was für dich“, meinte meine Nachbarin und empfahl mir mehr Bewegung – „du mußt es ja nicht gleich Sport nennen“. Weil Schwimmen oder Joggen viel zu auffällig gewesen wären (meine Freundin hätte den Braten sofort gerochen), entschied ich mich, mein altes Herrenrad wieder flottzumachen bzw. es wieder flottmachen zu lassen. Ich wehre mich schon lange nicht mehr gegen die Tatsache, daß ich besser schreiben als schrauben kann.

Meine Freundin suchte mir freundlicherweise aus unserem Gayguide die Adresse von „bikes'n dykes“ heraus, einem Fahrradkollektiv extra für Lesben. Es lag zwar am anderen Ende der Stadt, war dafür aber total p.c. – „und viel billiger, weil du da fast alles selbermachen kannst“.

Bei „bikes'n dykes“ war wie immer viel los. Heerscharen von Kurzhaarlesben lagen im Hof vor ihren Fahrrädern, schraubten und werkelten an ihren Mountainbikes herum und schmierten sich das Öl an den Oberschenkeln ab, daß einem ganz schwummrig werden konnte vor soviel Coolness. Liftboys machen mich einfach immer schwach. Seufzend beschloß ich, endlich wieder mal auszugehen (jedenfalls sobald ich meine Pfunde los war), stellt dann mein Fahrrad ab und mich in die Schlange am Verkaufstresen.

„Heute ist Hilf-dir-selbst-Tag“, blaffte mich ein KV mit den Ausmaßen eines Bulldozers an, als ich endlich an der Reihe war. Fachgestützte Werkstattermine gäbe es erst wieder am Donnerstag. Ich hätte das Rad dann pünklich um 10.30 Uhr vorbeizubringen, erklärte sie, und daß ich am besten alte Klamotten anziehen soll. „Aber am Donnerstag um halb elf muß ich doch arbeiten“, gab ich etwas irritiert zurück, „und mir wäre es sowieso lieber, wenn Ihr das ohne mich machen würdet.“

„Wohl so eine richtige femme“, meinte die Verkäuferin und schaute mißmutig an mir herab. „Ich bin ja auch bereit, dafür zu zahlen!“ maulte ich zurück, aber das war wohl das falsche Argument. „Ums Geld geht's uns hier nicht“, erklärte mein Gegenüber mit zusammengezogenen Brauen. „Du sollst hier deine von den Heteros anerzogene Angst vor der Technik verlieren.“ Gerade wollte ich ihr erklären, daß ich gar keine Angst vor meinem Fahrrad habe, sondern nur einen Job, der es mir unmöglich macht, um halb elf an meinem Rad herumzuschrauben, daß ich im übrigen an das Prinzip der arbeitsteiligen Gesellschaft glaube – da sah ich, wie ein junger Typ mit meinem Fahrrad vom Hof fuhr.

„Ich werde noch mal über alles nachdenken“, nuschelte ich und schlich vom Hof. Aus einer Telefonzelle informierte ich erst meine lesbische Versicherungsagentin und dann das „Homos wehren sich gegen Hetero-Gewalt“-Telefon, daß ein Normalo mein Rad geklaut habe. Dann ging ich in eine stinknormale Heterovideothek und entlieh das Band Fit with Fun mit Jane Fonda. Manchmal ist mir das nämlich einfach zu kompliziert mit dem Anderssein.

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