: Vorschlag
■ „Pfingstwunder II“ – tschechische Bands in der Volksbühne
Havel, der große alte Mann der tschechischen Demokratie, hat nicht nur Frank Zappa in den Kulturfundus Prags integriert, er war es auch, der von einer seiner Westreisen Velvet Underground in die Herzen und Ohren der Prager Musikrebellen pflanzte. Auch wenn der Abend in der Volksbühne mit „Grungemetamorphosen“ überschrieben und nicht Lou Reed, sondern Kurt Cobain gewidmet ist – so eng ist das nicht zu sehen bei den Tops aus Prag. Hier geht das tatsächlich verdammt schnell mit dem veränderten Publikumsgeschmack. Gestern räumten Support Lesbiens mit ihrem „Faith No More – go home“-Sänger Krystof alle und alles ab und waren damit support für eine Band wie Walk Choc Ice, von der vor einem Jahr noch niemand sprach.
Jolly Joker übernehmen mit The Plastic Beatles of the Universe ganz sicher die Spaßmachereinlage dieses Feuerzungenregen-Wunders. Sie machen vor allem Funk-Rock, aber so tschechisch, daß man mit hiesiger Labelung nicht weiterkommt. Andererseits findet sich bei Jolly Joker auch der höchste Rap-Einfluß. Während bei den Kurtisanen der 25. Avenue das düsterere Sisters-of-Mercy-Erbe kocht, dann aber mit harten Metal-Gitarren und Todesmetal-Gedröhne unterbrochen wird, machen Jolly Joker mal Iggy Pop, mal Primus, und sind denoch nicht so straight grungig, plus perfekt und äußerst intensiv wie Support Lesbiens. Das Spannende an der tschechischen Musikszene ist weniger, wie gut sie sich den US-Trends angepaßt hat, sondern welche Metamorphosen stattfinden. Support Lesbiens wird mit neuer Besetzung und dem alten Sänger Krystof sicher einer der Reißer des Abends, nicht nur, weil sich die Stimme so megabrutal in den Solarplexus gräbt, auch, weil sie das mit dem düster-aggressiven Stilmittelschock so gut beherrschen, daß man nicht mehr will, daß sie aufhören. Feuerzungen soll es regnen zum Pfingstwunder. Come as you are! Annette Weber
Morgen, 20 Uhr, Volksbühne am Rosa Luxemburg Platz, Mitte
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