: Rabin warnt die Palästinenser
■ Palästinensische Polizei funktioniert nicht nach israelischem Wunsch
Tel Aviv (taz) – Der Ton zwischen Israel und der PLO hat sich in den letzten Tagen wieder verschärft. Nur drei Wochen nach Unterzeichnung des Kairoer Autonomieabkommens zwischen Israel und der PLO hat Ministerpräsident Jitzhak Rabin PLO-Chef Jassir Arafat öffentlich vor „Vertragsbruch“ gewarnt. Und als ob das nicht auch eine Drohung mit Vertragsbruch wäre, haben andere Regierungssprecher erklärt, Israel beabsichtige, die soeben gewährte Autonomie in Jericho und dem Gaza-Streifen zu beenden, falls die PLO ihren Verpflichtungen im Gaza-Streifen und in Jericho nicht zur Zufriedenheit der israelischen Behörden nachkomme. Begründet wird die Drohung mit einigen Zwischenfällen der letzten Woche. Dazu gehört die Erschießung zweier israelischer Soldaten im nördlichen Gaza-Streifen durch Vertreter des „Islamischen Jihad“, die von der PLO ausdrücklich verurteilt wurde, und die zeitweilige Festnahme einiger bewaffneter israelischer Siedler durch palästinensische Polizisten in Jericho.
Im ersten Fall reagierte Israel mit einer kollektiven Strafmaßnahme gegen die Bewohner des Gaza-Streifens, wie in den Tagen vor Abschluß des Autonomieabkommens: Das Gebiet wurde für zehn Tage total abgeriegelt, kein Palästinenser darf das Gebiet der „Autonomie“ verlassen. In Jericho verhängte der israelische Militärbefehlshaber die Sperre „nur“ für 24 Stunden. Vorher waren bereits alle festgehaltenen Israelis mit ihren Waffen wieder auf freien Fuß gesetzt worden, und die palästinensische Polizei mußte sich bei den israelischen Behörden für „den bedauerlichen Zwischenfall“ entschuldigen.
Aharon Domb, der Sprecher des israelischen Siedler-Rats von „Judäa, Samaria und Gaza“, erklärte anschließend, die Siedler würden in Zukunft bewaffnete Gruppen organisiert nach Jericho schicken, um unter Beweis zu stellen, daß Jericho „für Juden offen“ bleiben muß. „Hätte mich ein palästinensischer Polizist angehalten, hätte ich ihn auf der Stelle erschossen“, fügte er hinzu.
Abgesehen von den zahlreichen Beschränkungen, die das Abkommen mit Israel der palästinensischen Polizei auferlegt, ist diese bisher erst auf einem Drittel der von Israel bewilligten Stärke von 9.000 Mann, und sie ist noch ungenügend organisiert. Es fehlt an elementarer Ausrüstung und auch immer noch an den notwendigsten Geldmitteln, die vor allem von den USA zugesagt wurden. In Wirklichkeit bleibt Israel ganz eindeutig die herrschende Macht und reibt das den Palästinensern täglich unter die Nase. General Matan Vilnai, Kommandant des südlichen Militärdistrikts und als solcher weiterhin für den Gaza-Streifen verantwortlich, erklärte am Dienstag, daß Israel „Notpläne“ vorbereitet habe, die einen erneuten Einmarsch der israelischen Armee in den Gaza-Streifen vorsehen, falls die Palästinenser das Abkommen mit Israel verletzen. Am gleichen Tag erklärte Rabin, daß der Osloer Friedensprozeß mit den Palästinensern gar nicht unbedingt fortgesetzt werden müsse. „Seine Weiterführung hängt davon ab, wie fähig die Palästinenser sind, allen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Israel nachzukommen.“
In Jerusalem war man nicht nur über eine Rede ungehalten, die Arafat in Johannesburg gehalten hatte. Auch über eine von Arafat unterzeichnete Anweisung war man empört, nach der die Gerichte im Gaza-Streifen und in Jericho jetzt wieder nach dem Rechtssystem aus der Zeit vor 1967 arbeiten sollen. Dazu habe Arafat nach dem Kairoer Vertrag gar kein Recht, erklärte der Rechtsberater der israelischen Regierung, Joel Singer. Amos Wollin
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