Nachtaktiver Einzelgänger mit ziemlich großem Platzbedarf

■ Der Steinmarder, martes foina, sorgt bei Dunkelheit für reichlich Unruhe, richtet aber nur sehr geringe Schäden an

Wenn es Nacht wird, wird er munter. Gemeint ist der martes foina – oder auf Hochdeutsch: der Steinmarder. Die kleinen Nagetiere sind in der Stadt keine Seltenheit mehr. Als Kulturfolger sind sie dem Menschen nachgezogen und verstehen es prächtig, sich dem urbanen Lebensraum anzupassen. Doch von einer Marderinvasion, so eine Untersuchungs der Umweltbehörde, kann dennoch keine Rede sein. Ein martes foina-Spezialist: „Die Heimsuchung Hamburgs durch den Marder gehört in die Fabelwelt.“

Im Studienzeitraum April 1992 bis März 1994 gingen 577 MarderMeldungen am Steindamm 22 ein. Mit allein 393 Mardersichtungen gehören Wandsbek, Altona und Eimsbüttel zu den Lieblings-Stadtteilen des Nagetiers. Die Lebensgewohnheiten des Steinmarders lassen allerdings die Vermutung aufkommen, daß die gemeldeten Sichtungen ein größes Vorkommen vortäusches als es real der Fall ist. Denn martes foina ist ein nachtaktiver Einzelgänger, der ein relativ großes Territorium beansprucht, dieses mit Duftmarken und Kot sig-niert und andere Artgenossen gleichen Geschlechts daraus vertreibt. In diesen Streifgebieten befinden sich mehrere Tages- und Nachtverstecke. So sind Ausflüge des Steinmarders bis zu 14 Kilometer durchaus realistisch, so daß es zu Doppelzählungen gekommen sein kann. „Eine genaue Bestandsaufnahme ist im gegenwärtigen Stadium der Beforschung nicht möglich, da noch zu wenig über die Größe der einzelnen Marderterritorien bekannt ist“, so ein martes foina-Forscher. Fest steht, daß die Nachtschwärmer in ganz Hamburg vorkommen und aufgelockerte Einzelhaustrukturen bevorzugen.

Obwohl der Steinmarder ein niedliches häusliches Tier ist, stößt er bei seinen zweibeinigen Hauptmietern in der Regel auf Abneigung. Nur 82 HanseatInnen tolerieren das Zusammenleben mit dem Mietbewohner, in über 300 Fällen wollten die HamburgerInnen ihren Untermieter wegen nächtlicher Ruhestörung oder Geruchsbelästigung verbannt wissen.

Entgegegen der Legende, daß Steinmarder Millionenschäden im häuslichen Bereich anrichten, halten sich die tatsächlichen Marder-Schadensmeldungen in Grenzen. Insgesamt gab es nur 146 Fälle von zerfetzter Isolierwolle in den auserkorenen Dachkonstruktionen. Neun Bißspuren an Stromkabeln und 18 angenagte Antennenkabel lassen Befürchtungen hinsichtlich eines Dachstuhlbrandes oder eines empfindlichen Eingriffs in Fernsehprogramme als unbegründet erscheinen.

In der Umweltbehörde ist inzwischen ein regelrechtes Steinmarderforschungsfieber ausgebrochen. „Von besonderem Interesse ist für die Umweltbehörde bei der weiteren wissenschaftlichen Untersuchung von Populationen der Stadtfauna jeder Marderfund“, so die Behörde. Am Steindamm ist dafür extra ein Rotes Telefon eingerichtet worden, wo jeder gefundene tote martes foina – gleich welchen Zustands – gemeldet werden kann. Die Gesellschaft für Wildtierkunde hat dafür eine Prämie von 30 Mark für jeden gefundenen Steinmarder ausgesetzt. Wohlgemerkt eine „Fundprämie“ - und kein „Kopfgeld“. up/kva