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Müde Partie, viele Tore

Fußball-Länderspiel Österreich – Deutschland 1:5 / Rücksichtsvolle Gastgeber mochten ihren deutschen Gegnern nicht zu nahe treten  ■ Aus Wien Wenzel Müller

Da fackelt Neu-Nationalspieler Mario Basler nicht lange. Er schnappt sich den Ball und legt ihn sich zum Freistoß im gegnerischen Strafraum zurecht. Die gestandenen Kollegen dürfen zuschauen. Eiskalt knallt er das Leder durch die freie Lücke ins Netz. So nutzt man seine Chance. Der Mittelfeldspieler war erst kurz vorher eingewechselt worden. In der letzten Spielminute macht er den 5:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die österreichische perfekt.

Und so wie Basler agierte eigentlich die ganze Mannschaft an diesem sommerlich heißen Fronleichnamsnachmittag im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Aus jeder halbwegs torgefährlichen Situation machten die Spieler einen Treffer. Was eine Steigerung der Chancenauswertung gegenüber dem letzten Spiel gegen Irland, das mit 0 : 2 in die Hosen ging, um hundert Prozent bedeutet. Also alles wieder im Lot. Der Fahrplan für Amerika stimmt. Bundes-Berti hat seine Kritiker erst einmal widerlegt. Mit gestärktem Rücken kann die deutsche Mannschaft zur Weltmeisterschaft abreisen. Wirklich alles in Ordnung?

Was die Deutschen auf jeden Fall nicht boten, war eine berauschende Partie. Ganz im Gegenteil, sie gingen überaus gemächlich zur Sache. Weshalb wir uns schon bald fragten: Steckt das Konditionstraining von Malente den Spielern noch in den Knochen? Oder wollen sie bereits Kräfte für Amerika sparen? Oder haben sie sich kurz vor Spielbeginn einfach den Bauch mit Sachertorte vollgeschlagen?

Doch schon bald glaubten wir hinter der geradezu provozierenden Lässigkeit System zu erkennen, eine ganz durchtriebene Taktik. Lief das nicht einzig auf eine Verhöhnung des Gegners hinaus, wie besonders Berthold, rechter Verteidiger, nie einen Schritt zuviel tat, sich kein einziges Mal in den Sturm einschaltete? Wollte er nicht mit allen seinen Minimalaktionen nur dem Gegner signalisieren: Gegen euch strenge ich mich doch erst gar nicht groß an? Und warum kommentierte Sammer sein Tor zum 1 : 0 gerade mal mit einem müden Schulterzucken? Heimtückischer kann man den anderen nicht demütigen. Nur Zufall, daß Klinsmann, der nach seinem Treffer die bekannten Freudentänze nicht lassen konnte, umgehend vom Platz genommen wurde?

Aber nein, so eine gefinkelte Sache ließe sich der Bundestrainer nie und nimmer einfallen. Selbst wenn auch diesmal wieder das Freundschaftsspiel zu einem großen Prestigeduell hochstilisiert wurde. Es hilft alles nichts, Salzburg kann im UEFA-Cup gleich zwei deutsche Vereine eliminieren, trotzdem finden unsere südlichen Nachbarn nie zu einer gelassenen Souveränität oder so etwas wie Nonchalance, wenn es gegen den großen Bruder geht. Mit der gleichen Regelmäßigkeit, mit der der Wiener Toni Polster für den 1. FC Köln seine Tore im Doppelpack zu besorgen pflegt, werden dann jedesmal alle Österreicher plötzlich zu glühenden Patrioten. Und sämtliche Zeitungen ziehen mit. Stellt's den Piefkes ein Haxl! Diesmal war die Presse ohnehin schon warmgelaufen in einer beispiellosen Schmutzkampagne gegen den „Herrn Peymann aus Bochum“, dessen Vertragsverlängerung als Burgtheaterdirektor gerade zur Disposition steht.

Man könnte schon argwöhnen, nach dem Trip in die Wüste ging es diesmal für die deutsche Nationalmannschaft in die Höhle des Löwen. Für das Stadion wurde Alarmstufe A ausgegeben mit einem Großaufgebot an Polizei, Leibesvisitationen an allen Eingängen. Doch es blieb zumindest auf den Rängen und auf dem Rasen friedlich, während in der Innenstadt vor und nach dem Spiel deutsche und österreichische Hooligans randalierten. Es gab 38 Festnahmen.

Die österreichischen Fußballer begnügten sich mit einem Ehrentreffer durch Polster und empfahlen sich als friedfertige Spieler, die den Deutschen keine Blessuren kurz vor der WM bescherten. Das ist ehrenwert, aber doch zu wenig für den Sprung in die deutsche Bundesliga, wohin es sie mit Macht zieht – wie nicht anders die deutschen Urlauber sommers in die Alpenrepublik.

Keine Verletzten. Und keine weitere Blamage. Vogts kann zufrieden sein. Und das war wohl auch die Marschroute, die er seinen Jungs ausgegeben hatte: Geht kein unnötiges Risiko ein! Heraus kam eine eher müde Vorstellung gegen eine „Truppe von Tagträumern“ (Die Presse), immerhin mit vielen Treffern.

Deutschland: Illgner - Matthäus (86. Basler) - Berthold, Kohler - Strunz, Effenberg, Sammer (72. Helmer), Brehme - Häßler, Möller (78. Kuntz) - Klinsmann (62. Riedle)

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