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Logik der Mobilitätsfanatiker

■ betr.: „Jedem sein eigenes Air portle“, taz vom 18.5.94

In der Reportage werden den badischen Kommunalpolitikern „merkwürdigste Ideen“ unterstellt. Tatsächlich aber steckt hinter den Umnutzungskonzepten von militärischen in zivile Flugplätze System. An die 40 ehemalige Militärflugplätze sollen in der BRD in zivile umgewandelt werden. In Lahr (zirka 60 Kilometer von Söllingen) soll ein „Flugplatz light“ entstehen, mit 20 Tonnen zulässigem Startgewicht (das sind Flieger mit bis zu 70 Passagieren). Zulässige Flugzeiten bis 24 Uhr, darüber hinaus plant die Post Frachtflüge von 0 Uhr bis 6 Uhr früh. Die Städte Freiburg und Offenburg (SPD-regiert) sind froh, ihren Fliegerdreck nach Lahr schaffen zu können. Und die IHK, als vierter „Partner“ bei der Betreibergesellschaft, erklärt von vorneherein, daß sie nicht mehr als zehn Prozent des Defizits tragen wird.

Obwohl sich die Landesregierung für Söllingen als zweiter Regionalflugplatz im Ländle entschieden hat, geht auch Lahr nicht leer aus. Für die Erstausstattung des Verkehrslandeplatzes Lahr gibt es eine erste Zusage von 7,5 Millionen DM für ein Instrumentenanflugssystem. Im Flughafenkonzept der Bundesregierung steht ausdrücklich die Förderung kleiner Flugplätze als Ziel, angeblich zur Entlastung der Großflughäfen. Die überall neu entstehenden Verkehrslandeplätze bedeuten aber auch eine Subventionierung bei der Schaffung von Überkapazitäten an Flugplätzen. Das dient letztlich den großen Fluglinien (von denen nach Schätzungen bis zum Jahr 2000 noch höchstens vier bis fünf auf dem europäischen Markt bestehen werden). Deren Vorteile:

– die Konkurrenz der kleinen Landeplätze läßt sich nutzen, um deren Preise zu drücken (zum Beispiel Startgebühren),

– bestimmte Flüge (Pilotenschulung) lassen sich an diesen Plätzen ebensogut durchführen, zu billigeren Preisen,

– bestehende Einschränkungen, zum Beispiel Nachtflug, lassen sich an den kleineren Flugplätzen leichter aufweichen.

Ganz der Logik der Mobilitätsfanatiker folgend, hat auch der Lufthansa-Chef Weber einem Verkehrslandeplatz Lahr „ökologische und ökonomische“ Rentabilität vorhergesagt. „Merkwürdig“ mögen die Ideen zur Konversion sein, originell sind sie mitnichten. Sie reihen sich ein in die Liste fader Maßnahmen zur „Sicherung des Standorts Deutschland“. Rainer Kuhlen, Friesenheim, BI gegen einen Flugplatz Lahr e.V.

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