: Warum nicht eine Schule leasen?
■ Streit ums Geld für die Schule im Neubaugebiet Arsten-Südwest: Senat vertagt mal wieder
In Arsten-Südwest sollen mehrere hundert Wohnungen gebaut werden – zur Entlastung des Wohnungsmarktes auch möglichst schnell. So weit, so gut, private Baugesellschaften haben den Kuchen unter sich aufgeteilt. Nur: Wo tausende von Menschen einziehen, überwiegend junge Familien, da muß die Kommune auch Kindergärten und Schulkapazitäten bereitstellen. Und daran mangelt es heute schon: Es gibt nur einen (evangelischen) Kindergarten in dem Stadtteil, überzählige Kinder werden deshalb täglich in den Nachbarstadtteil Habenhausen gebracht. Und die alte Arster Grundschule platzt aus allen Nähten – die überzähligen I-Dötze werden nach Kattenturm geschickt. Wenn in einer Familie nun ein Kind hier, das andere da untergebracht ist, dann kann es passieren, daß frau morgens eine Stunde unterwegs ist, die Gören mit dem Auto - mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das nicht zu schaffen - hinzubringen. Und mittags eine Stunde zurück. Und wenn in der Grundschule Stunden ausfallen – wie es in den staatlichen Schule dauernd vorkommt –ausfällt, darf Mutti den ganzen Vormittag über Taxi spielen.
Da das eigentlich im sozialdemokratischen Bremen nicht sein soll, gehört es zum guten Ton, den Bau von ausreichenden Kita- und Schulkapazitäten für die Neubauviertel zu versprechen. An der Martin-Buber-Straße in Arsten-Nord war in diesem Sinne im Flächennutzungsplan früher „Schule“ eingetragen, im neuen Flächennutzungsplan steht seit einigen Jahren „Kita“. Auf dem Platz wächst immer noch das Gras.
Die kommunalen Infrastrukturen für das derzeit geplante Neubaugebiet Arsten-Südwest sind seit Monaten Thema der Beratungen auch des Bremer Senats. „Multifunktionales Gebäude“ ist das Zauberwort, um das es da geht. Das bedeutet: Es soll keine Grundschule gebaut werden, keine Kita, sondern ein Gebäude, das teils-teils genutzt werden kann und dessen Aufteilung je nach Bedarf verändert werden könnte. Nach acht Jahren, so schätzt Bildungssenator Scherf, wird da kaum noch Grundschul-Kinder geben, später könnte das Gebäude sogar für die Seniorenarbeit verwandt werden. Im April hatte der Senat das Thema vertagt und das Bildungsressort um einen „Finanzierungsvorschlag“ gebeten. Denn Bildungssenator Scherf ist sicher, daß im Rahmen des bestehenden Bildungsetats die Schulräume nicht zu finanzieren sind. Außerhalb des Etats, so setzt der Finanzsenator dagegen, gibt es kein Geld. Aber ohne Schule und Kita, da ist sich der Beirat Obervieland sicher, gibt es keine Zustimmung für Baupläne.
In einer neuen Senatsvorlage für den vergangenen Dienstag hat das Bildungsressort eine geniale Idee durchgerechnet: Man könnte einen privaten Bauträger finden, der den Bau des „multifunktionalen Zentrums“ finanziert, und das Gebäude dann „leasen“. Das wird erheblich billiger, was für das Ressort wichtig ist: Die Finanzierung sollte, so die Vorlage, „außerhalb“ des bisherigen Bildungsetat gesichert werden.
Der Senat nahm immerhin förmlich „zur Kenntnis“, daß so ein multifunktionales Gebäude „errichtet werden soll“. Bei der spannenden Frage, mit welchem Geld, beschloß der Senat eine sibyllinische Kompromißformel: die zuständigen Ressorts hätten „eine Finanzierung der erforderlichen Mittel aufzuzeigen“.
Bildungssenator Scherf geht davon aus, erklärte er zur taz, daß damit grünes Licht gegeben ist. Insbesondere hofft Scherf, daß jetzt der Beirat seine Blockade gegen die Wohnbebauung aufgibt. Für Finanzsenator Kröning ist die Frage, woher das Geld kommen soll, längst nicht beantwortet. „Auch leasen ist immer nur ein Schattenhaushalt“, sagt er. Auch wenn es nicht sofort im Haushalt erscheine – „bezahlen müssen wir es doch“. Und da kommt für den Finanzsenator nur infrage, daß es aus dem Bildungsetat bezahlt wird . Das wiederum kommt für den Bildungssenator nicht infrage.
Am 10. Mai war Scherf im Beirat Obervieland und hatte versprochen, wiederzukommen, sobald er zur Sache etwas sagen könne. Wäre der jetzige Senatsbeschluß ohne Klärung der Finanzierung ein Grund für den Beirat, seine angekündigte Blockade der Bebauungspläne aufzugeben? Für den SPD-Beiratssprecher Hans-Jörg Neitzel ist die Sache klar: „Bislang sind das ja alles nur Willenserklärungen. Wenn die Mittel für Schule und Kita im Herbst nicht im Haushalt irgendwo auftauchen, werden wir Bauplänen für Arsten-Südwest nicht zustimmen.“ Günter Fandrey, stellvertretender Ortsamtsleiter in Obervieland und Arsten, hat die Hoffnung nicht aufgegeben: „Vielleicht kann Scherf bis zum 12. Juli mehr sagen.“ K.W.
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