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Gerhard Schröder: „Ich bin gar nicht da“

■ Niedersachse in spe schweigt nur noch

Hannover Ich bin gar nicht da“, lacht Gerhard Schröder. „Kein Wort“, weist er Fragen zur Wahlschlappe der SPD vom Sonntag ab. Rigoros lehnt Schröder auch zwei Tage nach der Europawahl weiter öffentliche Stellungnahmen ab. Jedes Wort könne in dieser Situation nur als Sägen am Stuhle des Parteichefs Rudolf Scharping mißverstanden werden, heißt es in der Staatskanzlei. Auch deshalb sei er am Montag nicht zur SPD-Präsidiumssitzung nach Bonn gefahren.

Das Verhältnis Schröder-Scharping gilt als überaus verkrampft. Vor genau einem Jahr haben die SPD-Mitglieder im Rennen um den Parteivorsitz Schröder hinter Scharping auf den zweiten Platz verwiesen. Öffentlich demonstrierten beide kurz darauf Einigkeit.

Schröder wolle sich jetzt nicht noch weiter in die Position des Gegenspielers zu Scharping drängen lassen, sagt ein Genosse aus seinem Umfeld. Also schweigt der Niedersachse vorerst – und geht sichtlich gut gelaunt den Regierungsgeschäften nach. Vom Trübsal seiner Bonner Genossen über die Wahlniederlage ist ihm am Dienstag nicht die Spur anzumerken.

Sicher sei Schröder enttäuscht über das schlechte SPD-Ergebnis, doch fühle er sich dafür nicht unbedingt verantwortlich, heißt es in Hannover. Nach seinem eigenen Wahlsieg am 13. März, der der SPD von kommender Woche an die Alleinregierung in Niedersachsen beschert, hat sich der Ministerpräsident aus dem Europawahlkampf völlig herausgehalten. Doch die vermeintliche Kritik Schröders an Scharpings bisheriger Wahlkampfstrategie ist mit den Händen zu greifen. Der Niedersachse plädiert seit über einem Jahr dafür, die Regierung Kohl mit der Alternative Rot-Grün anzugehen.

Öffentlich ist Schröder Fragen nach Ratschlägen für Scharping schon in den vergangenen Monaten beharrlich ausgewichen. Bis auf eine folgenschwere Ausnahme: In einem Fernsehinterview sagte Schröder, Gegner der SPD seien weder der künftige Bundespräsident Roman Herzog noch Bundestrainer Berti Vogts, sondern allein der Kanzler. Diese Bemerkung hat Scharping und die SPD-Spitze chwer erzürnt. Vorerst wird also beharrlich geschwiegen.

Andreas Möser, dpa

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