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Mehr „Brigitte“ als „Spiegel“

■ Zum fünften Geburtstag des Schwulenmagazins „magnus“

„Wir brauchen eine schwulenbewegte Zeitschrift!“ schrien sie vor gut sechs Jahren, die Macher des Nürnberger Rosa Flieder und der Berliner Siegessäule, zweier ehrenamtlicher, schwulenemanzipatorischer Blätter. Die Knechterei für gute Ideale sollte ein Ende haben, die beiden Zeitschriften sollten unter einem Dach vereint werden. Vor fünf Jahren, zum Christopher Street Day, erschien die Nullnummer von magnus, dem schwulen Magazin, deren Macher sich viel vorgenommen hatten. Kritisch über die Bewegung sollte es berichten, Themen setzen und zitierfähig, kurzum: der schwule Spiegel sein.

Heute erinnert magnus freilich eher an eine schwule Brigitte. Viele Polithomos, die damals als stille Gesellschafter den Start unterstützten, werfen der Redaktion heute eine seichte Themenauswahl, aber auch Betroffenheitsferne vor. Man beklagt, daß magnus zu kommerziell geworden sei. „Professionell wird mit kommerziell verwechselt“, verteidigt sich Andreas Maydorn, magnus-Redakteur der ersten Stunde.

Für ihn liegt das Blatt auf dem richtigen Kurs: „Unsere Inhalte sind natürlich dem erweiterten Leserkreis angepaßt. Anstöße für die Bewegung stoßen an Grenzen, wenn man eh nur die erreichen würde, die die gleiche Meinung haben“, erklärt Maydorn das Konzept. Die Anpassung an den Massengeschmack zeigte sich im Laufe der Jahre auch im Äußeren. Das experimentelle Layout wich einem braven Erscheinungsbild, die anfangs verpönte Abbildung von „Nackedeis“ ist mittlerweile die Regel.

Für Albert Eckert, eine der „Gründungsmütter“ des Blattes, ist die selbsterklärte Stimme im schwulen Blätterwald noch viel zu dünn. Der Berliner Abgeordnete von Bündnis 90/Grüne erhofft sich mehr Kontinuität in der Berichterstattung, mehr eigene Positionen. „Ich wünsche mir auch einen politischen Redakteur mit einer unverwechselbaren Handschrift.“ Der fehlt bislang. Politische Aktionen aus Eigeninitiative sind von magnus nicht zu erwarten. „Aber wenn uns mal ein Verband darauf ansprechen sollte, sind wir natürlich offen“, lädt Bernd Offermann die Schwulenverbände ein...

Finanziell wird das Zeitschriftenprojekt mit seinen 18 MitarbeiterInnen inzwischen durch „Nebenverdienste“ über Wasser gehalten, die einstmals als unkorrekt galten. Ein eigener Buchverlag, eine 0190-Kontakttelefonnummer und der „magnus-Shop“ laufen gut. Auch die Wiederauferstehung des Berliner Programmblattes Siegessäule und der Hamburger Ableger Hinnerk waren für das Gedeihen des Verlages förderlich. In naher Zukunft sollen, wie bereits in Köln geschehen, kleine Büros im Ruhrgebiet und im Süden des Landes entstehen.

magnus ist zur Zeit das beste Magazin, weil ich es nirgendwo besser finde“, urteilt Albert Eckert nach fünf Jahren, allerdings mit einem salomonischen Nachsatz: „Von meinem Ideal einer schwulen Zeitschrift ist magnus aber so weit weg wie die taz als linke Tageszeitung.“ Christian Scheuß

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