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Mit Linux gegen den Kommerz

■ Die freie Software für den Computer findet großen Anklang

Berlin (taz) – Seit Jahren versuchen etablierte Softwarehäuser in ihrem Kampf um Marktanteile ihre Konkurrenten durch Patente und Knebelverträge in Schach zu halten. Sogenannte „non-disclosure agreements“ sollen dafür sorgen, daß Entwickler keine technischen Geheimnisse an Dritte weitergeben. Statt durch das Offenlegen der verwendeten Verfahren die Entwicklung voranzutreiben, werden Algorithmen und Quellcodes in Hochsicherheitslabore eingeschlossen.

Ganz anders funktioniert dagegen das Prinzip der „freien Software“. Hier findet ein völlig offener und freier Austausch von Ideen und Programmen statt. In oft anarchisch anmutenden Strukturen arbeiten zahlreiche unabhängige Entwicklerteams an verschiedenen Softwareprojekten. Die verbindende Kommunikations-Infrastruktur ist das Internet. Auch Superinformationshighway oder Datenautobahn genannt, ist es ein weltweiter, kooperativer Verbund von Dienstanbietern, der es ermöglicht, auf einfache Art und Weise per Computer mit einer Anwendergemeinde von heute etwa 20 Millionen Menschen in Verbindung zu treten. Die besonderen Merkmale sind: ein Wachstum von über 100 Prozent im Jahr und keine Zugangsbeschränkungen für ein enormes Reservoir von Informationen aller Art. Das Internet eröffnet ungeahnte Möglichkeiten des Informationsaustausches und sogar die weltweite Entwicklung eines kompletten PC-Betriebssystems wie Linux. Beteiligt sind meist junge, hochbegabte Entwicklerteams, vornehmlich aus dem universitären Bereich, die den Monopolisierungsbestrebungen der großen Softwarehäuser mit kostenloser, technisch hochwertiger Software entgegenwirken.

Im Herbst 1991 brachte der finnische Informatikstudent Linus Benedict Torvalds eine erste rudimentäre Version „Linux 0.03“ via Internet in Umlauf. Beiträge anderer Entwickler beschleunigten die Weiterentwicklung und statteten Linux ständig mit neuen Anwendungen aus. Fast täglich erschienen neue Versionen. Schon im März 1992 war die Version 0.95 erreicht. Als dann das vom Massachusetts Institute of Technology entwickelte X-Window-System, das in der Unix-Welt eine ähnlich hohe Verbreitung aufweist wie Windows auf DOS-Rechnern – aber kostenlos weitergegeben wird –, zur Verfügung stand, stiegen die Ansprüche für die geplante Version 1.0 ganz erheblich. Auch wer keinen Internet-Zugang hat, das Betriebssystem gab es in einigen Buchhandlungen als 6-Disketten-Paket einschließlich eines Handbuches zu kaufen. Heute sind schon um die 60 Disketten notwendig, und es ist einfacher geworden, das ganze Paket als CD-ROM- Version zu installieren. Die größten Linux-Archive im Internet umfassen inzwischen mehre Gigabytes an Software, die unter Linux läuft. Schon allein dieser Tatsache wegen ist Linux nicht mehr nur für Entwickler und Bastler, sondern für reine Anwender interessant.

Linux, dieses frei erhältliche Betriebssystem, hat sich zu einer Alternative zu den kommerziellen Produkten entwickelt. Es läuft sehr effizient auf herkömmlicher PC-Hardware und ist kompatibel zum Betriebssystem Unix. Linux ist ein Multiuser- und Multitasking-System mit Netzwerkunterstützung und verfügt über alle wichtigen Eigenschaften eines teuren kommerziellen Unix-Betriebssystems, vom leistungsfähigen Satzsystem über Multimedia-Anwendungen, Email bis hin zu Flugsimulatoren und Sound-Tods sind fast alle Anwendungen vertreten.

Um die Nutzung vorhandener DOS-Software zu ermöglichen, arbeiten die Linux-Entwickler an einem DOS-Emulator, in dem schon heute die meisten DOS-Programme und sogar Netzwerk-Programme laufen. Parallel dazu kümmert sich ein anderes Team um die Erstellung eines MS-Windows- Emulators, der es erlauben wird, Windows-Applikationen in die Linux-Umgebung zu integrieren. Einige Programme laufen unter Linux oftmals sogar schneller als auf dem jeweiligen Original.

Allein in Deutschland ist Linux etwa hunderttausendmal kopiert und in Umlauf gebracht worden. Es gibt inzwischen Bücher, CD- ROMs und eine eigene Zeitschrift zum Thema. Ende dieser Woche wird in Heidelberg ein Kongreß stattfinden, an dem die wichtigsten Linux-Entwickler teilnehmen werden. Die meisten kennen sich nur über das Netz per Email, haben sich aber noch nie persönlich getroffen. Bernd Sommerfeld

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