: „Heraus kommen weniger Lehrer pro Kind“
■ Mammut-Spektakel auf dem Gänsemarkt gegen Bildungs- und Sozialabbau
Ein ungewohnt breites Bündnis von Elternkammer über Lehrerverbände bis hin zum „Komitee Armes Hamburg“ ruft für Donnerstag zu einer Kundgebung gegen Bildungs- und Sozialabbau auf dem Gänsemarkt auf. Die Verbände wollen ab 15 Uhr die Innenstadt „zum Podium machen“ und mit bunten Umzügen, Spielszenen und Sketchen auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Bereits am 27. April hatten 50.000 Menschen in Hamburg gegen die Bildungspolitik des Senats protestiert.
Bei der geplanten Kürzung von 1000 Lehrerstellen könne es „keine intelligenten Lösungen geben“, sagte gestern GEW-Chef de Lorent auf einer Pressekonferenz im Curiohaus. Das Bündnis wolle auch nach den Ferien zu weiteren Aktionen aufrufen. De Lorent: „Der Hamburger Senat wird es nicht durchhalten, Politik gegen den Bildungsbereich durchzuführen“. Gegner seien nicht die Ressortleiter Hajen und Raab, sondern der Senat.
Damit die Lehrer, Eltern und Schüler wissen, „wogegen sie nicht zu protestieren brauchen“, hatte Schulsenatorin Raab zusagt, noch vor Donnerstag die Lehrerstellenplanung für die Legislaturperiode bekanntzugeben. Dies wird vermutlich heute geschehen.
Alles spreche dafür, so GEW-Chef Hans-Peter de Lorent, daß es eine deutliche Erhöhung der Wochenstundenpflichtzahl für Lehrer aller Schulformen geben wird. Dies aber, so erläuterte der Sprecher des Deutschen Lehrerverbandes, Reinhard Behrens, bedeute in der Konsequenz „weniger Lehrer pro Kind“. Die offizielle Arbeitszeit bleibe bei 38,5 Stunden - Ferienzeit inbegriffen. Wenn nun die Zahl der Unterrichtsstunden erhöht werde, bleibe weniger Zeit für Vor- und Nachbereitung, Klassenfahrten und das individuelle Eingehen auf das einzelne Kind. Behrens: „Ganz im Gegensatz zu ihrer allgemeinen Rhetorik bewirkt Frau Raab damit, daß Frontalunterricht zunimmt“.
Kritik an der Schulbehörde übte gestern auch die Elternkammervorsitzende Christiane Petersen: „Ich hätte mir gewünscht, alle Beteiligten würden bei den Sparmaßnahmen mit einbezogen“. So aber würden Eltern-, Lehrer- und Schülerkammer „bis auf Kleinigkeiten vor vollendete Tatsachen gestellt“. Gleichzeitig mahnte Petersen, es sei wichtig, „daß die einzelnen Bereiche nicht gegeneinander ausgespielt werden“.
Leichter gesagt als getan. So warnte gestern die Vorsitzende der „AG Elternräte der Gesamtschulen“, Barbara Beutner, vor Kürzungen bei dieser Schulform. Die „individuelle Förderung in heterogenen Gruppen“ sei ohne Koordinations- und Teilungsstunden unmöglich. Die „AG Elternräte der Haupt- und Realschulen“, ebenfalls am Bündnis beteiligt, meldete sich gestern separat zu Wort. Er sei generell gegen Sparen im Bildungsbereich, sagte ihr Vorsitzender Helmut Rothaug. Aber wenn, „dann muß man bei den teuren Gesamtschulen Abstriche machen.“ kaj
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