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Verdrängte Katastrophe am Kap

■ Reederei des gesunkenen Supertankers existiert nicht mehr

Berlin (taz) – Bei den Verlusten lag die „Castillo de Bellver“ ganz vorn. Der spanische Supertanker der Reederei „Empresa Nacional Elcano de la Marina“ in Cádiz nahm im September 1983 die kompletten 255.000 Tonnen Öl mit ins kühle Grab. Damit erreichte das Schiff Platz zwei auf der Liste der größten Tankerunglücke aller Zeiten. Nur bei der Kollision zweier Öltanker vor der Küste von Tobago gelangte im Juli 1979 noch mehr Öl ins Meer.

Soweit sich der Unfallhergang heute rekonstruieren läßt, hatte das Schiff auf seinem Weg vom Golf nach Spanien das Kap der Guten Hoffnung gerade umrundet, als an Bord ein Feuer ausbrach, das die Crew nicht in den Griff bekam. Der Kapitän gab einen Notruf auf, einen Tag später brach der Tanker rund 100 Kilometer vor der Westküste Südafrikas auseinander. Nach Agenturberichten konnten damals 36 der 39 Besatzungsmitglieder gerettet werden.

Der 330 Meter lange und 55 Meter breite Tanker „Castillo de Bellver“ gehörte 1983 zu den größten seiner Art. 1978 bei der Werft Estalleros Español im spanischen Puerto Real gebaut, verkehrte der Pott mit seinen 36.000 PS häufig auf der Route vom Persischen Golf nach Spanien.

Eine Ölpest an der Saldanha Bay (Westküste Südafrikas) verhinderten damals starke Winde, die den Ölschlick seewärts trieben. Der Bugteil des Tankers sank nach den Berichten relativ schnell. Versuche, andere Teile des Schiffs weiter aufs offene Meer hinauszuschleppen, scheiterten. Die niederländische Firma Smit Tak, auf riskante Rettungsaktionen selbst bei gesunkenen Schiffen spezialisiert, ist seit 1983 nie gefragt worden, ob von den angeblich 40.000 Tonnen Öl, die noch in den Tanks des gesunkenen Supertankers liegen sollen, noch etwas zu retten wäre.

Für den Schaden einer solchen Ölkatastrophe mußten damals wie heute zumeist die Steuerzahler des betroffenen Landes aufkommen. Die Versicherungsclubs der Reeder, sogenannte Protection and Indemnity Clubs, zahlen im Normalfall höchstens 35 Millionen US- Dollar. Das entspricht heute nicht einmal dem Wert eines neuen Tankers. Für größere Schäden könnten die Reeder nur zur Verantwortung gezogen werden, wenn ihnen grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann.

Der Unfall der „Exxon Valdez“ vor der Küste Alaskas fällt außerhalb dieser Kategorien, weil die USA die entsprechenden internationalen Verträge nicht unterzeichnet haben und auf eine wesentlich höhere Haftung der Reeder bestehen.

Der Ölverlust der „Castillo de Bellver“ sorgte dafür, daß 1983 zu den Jahren gehört, in denen viel Öl aus Tankern in die Meere floß. Während 1982 und 1984 trotz mehrerer hundert gravierender Schiffsunfälle keine größeren Tankerkatastrophen registriert wurden, gab es 1983 geradezu eine Häufung. Insgesamt gelangten 700.000 Tonnen Öl bei den Tankerunfällen in die Weltmeere.

Ölunfälle vor Südafrikas Küste hatten Anfang der achtziger Jahre immer einen politischen Touch. Gegen Südafrika war nämlich ein Ölembargo verhängt worden, das von Reedereien und der südafrikanischen Regierung immer wieder unterlaufen wurde. 1980 waren innerhalb kurzer Zeit gleich zwei Embargobrecher nach Zwischenstopps in Südafrika untergegangen. Hermann-Josef Tenhagen

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