: Falsches Spiel um „Sander Dickkopp“
■ Bezirksamt trickst bei Verkauf des Lohbrügger Wasserturms
Die Zeitplanung verriet die Farce. Als sich drei Mitglieder der Bürgerinitiative zur Rettung des Lohbrügger Wasserturms am Mittwoch im Bergedorfer Bezirksamt einfanden, um fristgemäß ihr Finanzkonzept zur Übernahme des Bergedorfer Wahrzeichens vorzustellen und zu verhandeln, hatte das Amt bereits ein Fax an alle Bergedorfer Fraktionen gesendet. In der Rundsendung forderte die Verwaltung die Parteien auf, in der Bezirksversammlung einer Vergabe des Turm-Grundstücks an den Autohändler Peter Schwalm zuzustimmen. Von der Bürgerinitiative kein Wort.
„Das war nur noch ein Showtermin“, ärgert sich Michael Heidorn, Sprecher der Bürgerinitiative über die Scheinverhandlungen des Bezirks. Auch die Bezirksabgeordneten zeigten sich über die Tricksereien des Amtes irritiert - und verschoben die für vergangenen Donnerstag geplante Entscheidung über den Turmverkauf erst einmal auf den 7. Juli.
Der Autohändler oder die Bürgerinitiative - nur einer kann den heute als Kulturzentrum und Kneipe genutzten Turm bekommen. Während die BI eine öffentliche, kommerzarme Nutzung des Turms sichern will, hat sich der Börnsener Autohändler das Lohbrügger Wahrzeichen als Alterssitz auserkoren. Was er mit dem Rest des Turmgeländes machen will, darüber gibt es nur Vermutungen: ein Altenheim und ein gastronomischer Betrieb sind im Gespräch.
Probleme haben beide Bewerber mit der Finanzierung der notwendigen Sanierung des einsturzgefährdeten Turmkopfes. Während Schwalm sein Börnsener Autohaus für den Turmerwerb bis Unterkante Oberlippe mit einer Grundschuld belasten und Kredite in sechsstelliger Höhe aufnehmen will, hofft die Bürgerinitiative vor allem auf einen Brauerei-Kredit in Höhe von rund 750.000 Mark. „Zu 85 Prozent ist das Anfang kommender Woche unter Dach und Fach“, gibt sich Martin Heidorn optimistisch.
Für die Bürgerinitiative ist der Finanzierungsplan des Autohändlers unseriös. „Wie Schwalm mehr als 10.000 Mark pro Monat allein an Zinsen aufbringen will, ist bislang sein Geheimnis“. Die Bürgerinitiative hingegen kann darauf verweisen, daß ein gemeinnütziger Trägerverein die fällige Sanierung über ABM-Maßnahmen billiger finanzieren könnte als ein Privatinvestor und zudem viele BergedorferInnen eine öffentliche Nutzung mit Spenden unterstützen würden. Vom Bürgerverein über den VFL Lohbrügge bis hin zum örtlichen Skatclub: Die Repräsentanten vieler Bergedorfer Organisationen arbeiten in der Ini mit. So spricht alles für die Bürgerinitiative - außer der Bezirksverwaltung.
Die versuchte noch mit einer Schummelei in ihrer Abstimmungsvorlage den Autohändler zu puschen. Die Turm-Kneipe werde, so steht in dem Papier, „unter Leitung des bisherigen Pächters als Kulturkneipe neu eröffnet“. Der aber wußte gar nichts davon, daß die Verwaltung mit ihm plant - weder das Bezirksamt noch Schwalm hatten mit ihm gesprochen. Und mitmachen wird der gute Mann auch nicht: „Wenn Schwalm kommt, dann bin ich weg.“ mac
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