Mehr Lärm als Gewicht

■ Die religiöse Opposition protestiert gegen Jassir Arafats Besuch in Gaza

Jerusalem/Tel Aviv (taz) – Tausende zumeist national-religiöse Israelis fanden sich gestern in Jerusalem zu einem geräuschvollen Wochenende des Protests zusammen. Schon am frühen Morgen besetzten demonstrierende Siedler die Verbindungsstraße zwischen Jerusalem und Jericho, um den Verkehr zum Stillstand zu bringen – vor allem für Fahrzeuge mit palästinensischen Nummernschildern. Die Aktivisten legten sich auf die Straße, bis sie von den extrem vorsichtigen Polizisten weggetragen wurden.

Überhaupt waren die Sicherheitskräfte sichtbar überlastet: Egal wie viele Sperren sie aus dem Weg räumten, immer fanden sich neuerrichtete Barrikaden entlang der Serpentinen, die aus der Jordansenke in die Jerusalemer Berghöhen führen. Die Führer der meisten rechten Oppositionsparteien hatten sich zuvor geeinigt, zwei Großaktionen unter der Parole „Die Schlacht um die Verteidigung Jerusalems“ abzuhalten. Im ersten Schritt zog gestern eine Art Bet-Demo an der Klagemauer entlang. Heute abend soll nun eine Großkundgebung am Zionsplatz stattfinden. Denn nach Ansicht der Religiösen besteht weiter die Möglichkeit, daß Arafat zu einem Besuch bei den Moscheen der Altstadt auftauchen könnte – was seine Gegner um jeden Preis verhindern wollen.

In der Jerusalemer Altstadt waren folglich ungewöhnlich massive Polizei- und Grenzschutzaufgebote zu sehen. Gruppen von Siedlern waren auf den Stadtmauern angetreten, um einen Zusammenstoß mit den nach dem Freitagsgebet aus den Moscheen strömenden Muslimen zu provozieren. Eine andere massive Konzentration der Sicherheitskräfte wurde im Regierungsviertel der westlichen Stadt beobachtet.

Offenbar befürchtet Ministerpräsident Jitzhak Rabin, daß der ominöse Oppositionsplan für eine putschartige „Eroberung von Ministerien“ im Rahmen einer „Offensive gegen die Regierung“ doch noch in die Tat umgesetzt werden könnte. Oppositionsführer dementierten dies allerdings mit Nachdruck. Ihrer Meinung nach dient das Gerücht einzig dazu, das brutale Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten zu rechtfertigen.

Während die Anti-Arafat-Opposition noch laut protestiert, zeigen eben veröffentlichte Resultate einer Meinungsumfrage des „Strategischen Instituts“ der religiösen „Bar-Ilan-Universität“, daß fast 60 Prozent der Israelis die Resultate der Verhandlungen mit der PLO unterstützen. Zwar gebe es keine Begeisterung für Rabins Regierung, so das Institut weiter, aber immer mehr Bürger seien des Konflikts überdrüssig und akzeptierten daher die Positionen der „Tauben“ in der Regierung.

Diese wird derweil nicht müde zu betonen, daß Arafat wenigstens im Rahmen seines gegenwärtigen Besuchs nicht nach Jerusalem kommen wird, obgleich er im Prinzip dazu berechtigt sei, in den Moscheen der Drei-Religionen-Stadt zu beten. Dem Besuch in Gaza und Jericho hatte Jerusalem zugestimmt, obgleich angeblich eine „Besuchs-Voranmeldefrist“ von 14 Tagen vereinbart war, an die sich Arafat nicht gehalten hat. Schon am Donnerstag gab der bisherige israelische Verhandlungsleiter, General Amnon Schahak, den Standpunkt der Regierung bekannt: „Arafat ist verpflichtet, nur nach Jericho oder Gaza zu kommen und dort zu bleiben, um die Geschäfte der Autonomie vor Ort zu führen.“ Amos Wollin