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Keine Verfolgung im Kosovo?

■ Das Asylurteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts verkennt die Realität, in der die Albaner in Serbien leben

Wien (taz) – Für den serbischen Freischärlerführer Zeljko Raznjatović Arkan steht das nächste Kriegsziel bereits fest: „Wenn die Kämpfe in Bosnien zu unseren Gunsten entschieden sind“, so der selbsternannte Kriegsherr anläßlich der serbischen Feierlichkeiten zur historischen Schlacht auf dem Amselfeld vor einer Woche, „dann kommen die Albaner dran, dann werden wir mit ihnen aufräumen.“ Für den international gesuchten Kriegsverbrecher sind die fast zwei Millionen Kosovo-Albaner „fremde Elemente“, die sich in einem neuen Großserbien entweder assimilieren oder „verschwinden“ müssen. Doch bereits heute überziehen Arkans Männer den Kosovo mit Terror und Einschüchterung. Ein Hintergrund, vor dem das jüngste Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes mehr als nur realitätsfern ist. Am Dienstag hatte das Gericht entschieden, daß Serbien keinen Völkermord an den Albanern plane und Flüchtlinge aus dieser Region daher kein Asyl erhalten können.

Und so sieht die angeblich nicht existente Verfolgung einer ganzen Volksgruppe aus: Als „parallele Sicherheitgruppe“ sorgen Arkans Leute in den albanischen Gemeinden „für Ruhe und Ordnung“, sind bei Hausdurchsuchungen und Verhaftungen unliebsamer Journalisten und Künstler zugegen und übernehmen „das Aufspüren von Deserteuren und sonstigen Drückebergern“. Täglich werden im Kosovo junge Männer für den Krieg in Bosnien zwangsrekrutiert oder als „Bosnien-Sympathisanten“ zu Haftstrafen verurteilt. Die neuesten Fälle: In Pec verurteilte ein Gericht zwei Jugendliche zu zwei Jahren Gefängnis, weil sie den „muslemischen Aufstand in Bosnien“ verherrlicht hätten. In Podujevac wurden bei einer Großrazzia mehrere Albaner unter dem Vorwand verhaftet, zum „muslimischen Freiheitskampf“ aufgerufen zu haben. Der vermeintliche Anführer Enver Abdullahu soll nun wegen Landesverrats und Kollaboration mit dem Feind hinter Gitter. So warnt denn auch einer der ehemaligen Spitzenpolitiker des kommunistischen Jugoslawien, Milan Kučan, vor einer Eskalation im Kosovo. Der heutige Staatschef Sloweniens erklärte vor einigen Tagen, daß die Krise in Jugoslawien 1981 mit der Verhängung des Ausnahmezustandes im Kosovo ihren Anfang genommen habe. Der ethnische Konflikt auf dem Balkan werde im Kosovo seinen Höhepunkt erreichen, falls die internationale Staatengemeinschaft das Problem nicht löse. Karl Gersuny

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