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"Wir müssen die Konfrontation suchen"

■ Die Präsidenten der vier Berliner Hochschulen protestierten gegen die geplante finanzielle Austrocknung der Unis / Die ausreichende Finanzierung der Universitäten ist die wichtigste ...

„Jetzt geht nichts mehr.“ Damit brachte der Präsident der Hochschule der Künste, Olaf Schwencke, den Unmut der Hochschulangehörigen über die radikalen Sparpläne des Senats auf den Punkt. Vor der entscheidenden Klausur des Berliner Senats über den Doppelhaushalt 1995/96 an diesem Wochenende protestierten die PräsidentInnen der vier Berliner Hochschulen auf einer gemeinsamen Veranstaltung im Audimax der Freien Universität vor etwa 2.000 Hochschulangehörigen gegen die finanzielle Austrocknung der Berliner Universitäten.

Hatte der Hochschulstrukturplan 1993 bereits einen Abbau von 15.000 auf 100.000 Studienplätze bis zum Jahre 2003 in Berlin festgeschrieben, will Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) nun die Universitäten zusätzlich an den pauschalen Haushaltskürzungen mit siebzig Millionen Mark beteiligen. Werden alle Sparpläne des Finanzsenators tatsächlich umgesetzt, müßte das Angebot in Berlin auf etwa 75.000 Studienplätze reduziert werden.

„Ein derart unbedachter Anteil an den Haushaltsproblemen Berlins könnte den Ruin der Berliner Universitäten bedeuten“, sagte FU-Präsident Johann Gerlach. Das Wegbrechen eines erheblichen Teils des Mittelbaus sei dann unvermeidbar. „Die Universitäten werden so zu einem katastrophalen Abbauunternehmen. Wir können nur noch die Konfrontation suchen.“

Die Universitäten würden keineswegs die Notwendigkeit eines sparsamen Haushaltens verkennen, betonte die Präsidentin der Humboldt-Universität, Marlis Dürkop. So habe die Universität seit der Wende bereits 3.500 Stellen abgebaut. Hinzu kommen 1.000 Entlassungen an der Charité. „Die umfangreichen Entlassungen eines teuer aufgebauten wissenschaftlichen Potentials“, sagte Dürkop, „ist eine volkswirtschaftlich unsinnige Verschleuderung von Ressourcen.“ Man sei zu längerfristigen Einsparungen und einer engeren Zusammenarbeit der Universitäten bereit. Doch müssen die Grundwerte der Unis gesichert bleiben: ein breites Studienangebot und qualitativ hochwertige Forschung. Auch Dieter Schumann, Präsident der TU, erklärte weitere Kürzungen für unzumutbar. Bereits in diesem Jahr würden an der TU 20 Prozent der Stellen abgebaut, 1995 seien es noch mal soviel.

„Berlin braucht vier Universitäten, die leistungsfähig und nicht Relikte aus einer Frontstadtsituation sind“, sagte Olaf Schwencke von der HDK unter heftigem Beifall des Auditoriums. Die Investition in Universitäten sei die wichstigste Zukunftsinvestition für Berlin. Anja Dilk

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