: So begehrt wie Mannheim
■ Bremens Hotelbetten sind nur zu 35 Prozent ausgelastet – für EreignistouristInnen bietet Bremen zuwenig, findet die Wirtschaftsbehörde
Klar, nach Heidelberg rennen alle: Dort kommen auf jeden Einwohner 6,4 Besucherübernachtungen im Jahr. Auch München (5,3) und Frankfurt (5,1) sind wohl unerreichbar. Aber muß Bremen (1,6) wirklich so abgeschlagen im hinteren Mittelfeld der Über-200.000-EinwohnerInnen-Städte liegen? Nach Stuttgart, Hannover, Karlsruhe, Rostock, gleichauf mit Mannheim und vor Bielefeld und Hagen ... Diese Malaise macht sich auch bei der Auslastung der Bremer Hotelbetten bemerkbar: Nur 35 Prozent der Betten sind im Durchschnitt belegt. „Eine Katastrophe“, findet Hans-Joachim Torke, Referent für Tourismus beim Wirtschaftssenator.
Dabei fahren die meisten Wochenend-TouristInnen gar nicht nach Paris oder Berlin, sondern in kleinere Städte. Dorthin, wo was los ist. „Eben“, sagt Torke, „wo was los ist“. Der Architekturtourismus nämlich ist rückläufig: Die Leute fahren nicht mehr nach Köln, um sich den Kölner Dom anzugucken, sondern sie fahren dorthin, weil es ein tolles Konzert im Dom gibt.
Man könnte wenigstens so gut werden wie Nürnberg mit seinen 3,3 Besucherübernachtungen pro Einwohner, findet die Wirtschaftsbehörde. Nürnberg ist vergleichbar: Die Stadt liegt ebenfalls nicht im Einzugsbereich einer großen Stadt, wie etwa Lüneburg „bei“ Hamburg. Nürnberg zum Beispiel macht Kasse mit seinen kleinen, aber feinen Nischen-Messen. Geschäftsleute sind nämlich die finanziell für Städte interessantesten BesucherInnen: Die lassen im Schnitt 350 Mark pro Tag in der Stadt, RadtouristInnen dagegen nur 50 Mark.
Bremen aber hat selten so zugkräftige Messen wie etwa jüngst die Fischmesse, für deren BesucherInnen die Bremer Betten nicht ausreichten. Kulturell gibt es schon mehr weit ausstrahlende High-Lights: das Musikfest, das Bachfest, die Trompetentage, Pferdeveranstaltungen wie German Classics, das Westernreitturnier ... Na und irgendwann vielleicht ein Musical in dem dann mit 30 Millionen Mark umgebauten Showpark. In Hamburg zum Beispiel, so geht die von der Wirtschaftsbehörde immer wieder erzählte Geschichte, in Hamburg sollen die beiden Musicals „Cats“ und „Phantom der Oper“ den Aufschwung der Stadt angeschoben haben.
Und noch einen Joker hat die Wirtschaftsbehörde in der Hinterhand: einen Space-Park bei der Deutschen Airbus. Dieses riesige Freizeitprojekt würde 150 Millionen Mark aus dem Bremer Haushalt verschlingen. Kein Problem, findet der Wirtschaftssenator, dafür ist das Wirtschaftspolitische Aktionsprogramm (WAP) da. Darin scheinen auch noch 100 Mio Mark übrig zu sein für eine neue Mehrzweck-Messehalle auf der Bürgerweide. Den Davis Cup hätte man haben können, wenn die Stadthalle nicht nur 7.000 Plätze klein wäre, erzählt der Tourismus-Fachmann Torke. Klotzen statt kleckern – alles, damit nach Bremen so viele Leute fahren wie nach Nürnberg.
Bremen mangelt es aber nicht nur an Ereignis-Highlights, Bremen leidet auch an einem unklaren Image. TouristInnen werden zwar nicht so enttäuscht wie Nordseesuchende, die fassunglos vor Schlick und Sandwürmern stehen. Aber das Image, Hafen- und Werftenstadt zu sein , das löst die Stadt Bremen nirgendwo ein: Der Hafen ist weit, und weder Vulkan- , noch Lürssen-Werft sind zu besichtigen.Selbst „Stadt am Fluß“ haut nicht hin – bei Ebbe sieht Bremen verdammt nach „Stadt am Kanal“ aus.
Ein attraktives und vor allem zutreffendes Image zu basteln ist schwere Arbeit. Arbeit genug für eine ganze Tourismusförderungsgesellschaft, findet der Wirtschaftssenator: solch eine Spezialabteilung wird derzeit unter dem Dach der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft aufgebaut. München hat man damals mit einer klaren „Corporate Identity“ aus dem Dreck gezogen: München als Kunststadt, München als Stadt mit Ambiente ... eine Kampagne jagte die nächste. Christine Holch
Übermorgen in der taz: warum in Bremerhaven die TouristInnen gleich in Scharen wegbleiben und was man dagegen zu tun gedenkt.
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