: Wasserhahn zugedreht
■ Bauwagenplatz „Camp Toulouse“: Keine Räumung, aber auch kein Trinkwasser / Bewohner wollen bleiben
Die BewohnerInnen der Ottenser Bauwagenburg „Camp Toulouse“ haben gestern erneut ein Räumungsultimatum der stadtstaatlichen Sprinkenhof AG verstreichen lassen. Die von Spinkenhof-Chef Karl-Heinz Ehlers angekündigten Bautrupps, die eine Halle abreißen sollen, um auf dem Areal an der Behringstraße für einen Gewerbehof-Neubau Platz zu schaffen, ließen sich ebenfalls nicht blicken. Über die Deutschen Presseagentur verbreitete Ehlers gestern nachmittag, daß er auf die Räumung verzichtet habe, weil die BauwagenbewohnerInnen den Platz freiwillig räumen werden.
Das stimmt so nicht. Zwar haben sich die BewohnerInnen in Gesprächen mit dem Bezirk Altona bereit erklärt, für den Fall, daß eine Räumung unausweichlich ist, übergangsweise Plätze am „Bahrenfelder See“, in Lurup und im Volkspark anzusteuern; allerdings nur, wenn ihnen ein langfristiger Alternativplatz zugewiesen wird. Es kann also noch dauern. Ein Bewohner: „Es sind gar nicht alle in der Lage, in wenigen Tagen umzuziehen.“ Auf einem Plenum wollten die „Bauwagis“ gestern abend ihr weiteres Vorgehen abstimmen.
Tatsächlich ist es bislang nicht zur Räumung gekommen, weil die Polizei dem Hardcore-Kurs von Ehlers die Gefolgschaft verweigert. „Es fehlt die gerichtliche Grundlage für eine Räumung“, begründete dies ein Polizeisprecher. Mehr noch: Im Revier Mörkenstraße liegt nach taz-Informationen eine Anweisung, für den Fall, daß Ehlers doch die Bautrupps an die Behringstraße entsendet, die Abbrucharbeiten wegen Gefährdung der AnwohnerInnen polizeilich zu stoppen.
Ehlers hat es bis heute versäumt, gegen die BewohnerInnen, die bereits drei Jahre aus dem Platz campieren, eine Räumungsklage einzureichen. Statt dessen hat er nun gegen sie Strafantrag wegen Hausfriedenbruchs gestellt. Um den Druck auf die Bauwagenleute zu verstärken, drehte die Sprinkenhof AG gestern - ungeachtet der Hitze - dem Camp Toulouse den Wasserhahn zu. Die rund 60 BewohnerInnen haben jetzt kein Trinkwasser mehr und können auch die Klos nicht mehr benutzen.
Im Bezirksamt Altona ist man derzeit bemüht, eine dauerhafte Lösung der Bauwagenproblematik zu finden. Angesichts der Wohnungsnot gibt es nach Auffassung des Altonaer Sozialdezenenten Hartmut Hoins die Notwendigkeit, Plätze für Bau- und Wohnwagen zur Verfügung zu stellen. So traf sich gestern abend eine informelle Runde von Bürgerschafts- und KommunalpolitikerInnen, um Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Nach Auffassung von Bezirksbürgermeister Hans-Peter Strenge könnten vernünftige Lösungen jedoch nicht auf bezirklicher Ebene gefunden werden - hier sei auch der Senat gefordert. Deshalb dürfe die stadtstaatliche Grundstücksverwaltung Sprinkenhof nicht aus der Verantwortung entlassen werden.
Kai von Appen
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