: Haie in Bremerhaven
■ Im Jahr 2.000: Auf Besucherfang mit „Wasserwelten“ und „Öquarium“
Gut gut, zur Bremerhavener Windjammerparade strömen jedes Jahr eine Million BesucherInnen – doch für den Rest des Jahres hat Bremerhaven nur den ewig gleichen Museumshafen, das Schifffahrtsmuseum, den Zoo am Meer und als einzige Neuigkeit das Schaufenster Fischereihafen aufzubieten. Bremerhaven will mehr BesucherInnen, allein schon, um die seit Beginn der Rezession sinkenden Übernachtungen von Geschäftsleuten auszugleichen. Wie wär's deshalb mit Haien und Korallenriff und Wandelpfad dazwischen, mit einem riesigen „Öquarium“? Mit dieser Idee ist jetzt die Firma IDEA (International Design for the Environment Association) an die BremerhavenerInnen herangetreten.
Damit hatte die große Anzeigenaktion zum Beispiel in der Financial Times doch noch Erfolg – Bremerhaven hatte letztes Jahr international einen Investor für den innerstädtischen, gewerblich nicht genutzten „Neuen Hafen“ gesucht. Die IDEA hat soeben in Genua zum Columbusjahr ein Aquarium gebaut, baut eins anläßlich des Vasco da Gama-Jahres in Lissabon, verhandelt mit London ... Vergleichbar mit Bremerhaven wäre die 150.000-EinwohnerInnen-Stadt Chattanooga am Tennessee-River: Seit dort ein Großaquarium steht, suchen jährlich etwa 1,3 Millionen BesucherInnen die Stadt heim. Siegesmund von Dobschütz war beeindruckt von der Anlage. Sowas hätte der Geschäftsführer der Bremerhavener Tourismus-Förderungsgesellschaft gern auch in Bremerhaven, dann kämen zu den 2,2 Millionen BesucherInnen noch mal eine Million dazu.
Arbeitstitel des Projekts: „Umwelt- und Zukunftthemenpark“. Dabei geht es nicht nur um drei Fischbecken, sondern um großformatige Wasserlandschaften, erklärt von Dobschütz. Eine Mischung aus Freizeiterlebnis und Wissenschaft. Ähnlich dem „Parque La Villette“ in Paris, aber mit dem Thema Wasser. Einer naturgetreu nachgebildeten nordischen Wasserwelt mit Robbenbänken soll eine tropische Wasserwelt mit Korallenriffs und Haien gegenübergestellt werden. Die BesucherInnen werden auf Pfaden mittendurch geführt. Grundprinzip soll das sogenannte „Edutainment“ sein, das Bildung (Education) mit Unterhaltung (Entertainment) verbinden soll.
Eine „gesellschaftspolitische Zielsetzung“ liefert das Konzeptpapier ebenfalls mit: Die Freizeitanlage soll den „Sinn für die Schönheit von Lebewesen und naturnahen Landschaften wecken und damit Einfluß auf das individuelle Bestreben nach Erhaltung der Natur ausüben“. Deshalb sollen die BesucherInnen in einem „Öquarium“ zum Beispiel ein Tankerunglück und seine Bekämpfung simulieren können.
Bei der ersten Präsentation des Projekts in den Wirtschaftsförderungsausschüssen, die 680.000 Mark für eine Machbarkeitsstudie genehmigen sollten, fiel das Projekt durch. Mittlerweile sind die problematischen Punkte – wieviel muß die Stadt/das Land letztlich bezahlen, wieviel Einfluß bekommt die IDEA auf die weitere Innenstadtplanung – aus der Abstimmung herausgenommen worden. Am 18. Juli soll es erstmal nur um die Finanzierung der Machbarkeitsstudie gehen. Der Grüne Manfred Schramm wird zustimmen, er findet das Projekt „mit Abstrichen sinnvoll, aber eben für Bremerhaven eine der wenigen Chancen, die man deshalb ergreifen muß“.
Die Firma IDEA will Zweifeln an ihrer „Glaubwürdigkeit“ vorbauen: Ein wissenschatlicher Beirat soll die gesamte Planung begleiten, mit dabei möglichst auch die Naturschutzorganisation WWF. Den ehemaligen Leiter des Alfred-Wegener-Instituts, Professor Hempel, hat man schon überzeugt, der will weitere WissenschaftlerInnen für den Beirat gewinnen.
Ende 1995 bereits soll die Baugrube ausgebaggert werden – damit der Zukunftspark rechtzeitig zur Expo 2.000 fertig wird (Expo-Thema: Mensch-Natur-Technik). „Das schaffen wir noch rechtzeitig“, sagt Tourismusförderer von Dobschütz. „Aber die Bremer, ob die ihren Space-Park rechtzeitig fertigkriegen?“
Christine Holch
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