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Verwaister Berg der Holländer

■ 81. Tour de France: Kaum niederländische Fans in L'Alpe d'Huez / Conti siegt, Spitzenreiter Induráin verhalten

Berlin (taz) – Erstaunlich viel Platz hatten diesmal die Teilnehmer der Tour de France bei ihrem mühseligen Aufstieg nach L'Alpe d'Huez, dem traditionell markantesten Punkt fast jeder Frankreich- Rundfahrt. Erst auf den letzten der 22 gefürchteten Kehren bildeten die Zuschauer jene von den Fahrern verabscheute hohle Gasse, die sich erst im letzten Moment vor den mit letzter Kraft den Berg hinaufstrampelnden Akteuren öffnet und sie permanent gegen eine Menschenwand anradeln läßt. Grund für die ungewohnt flaue Stimmung auf der 13,8 Kilometer langen Steigung war die eklatante Übermacht des Miguel Induráin bei der Tour 1994, vor allem aber der Niedergang des niederländischen Radsports.

Angesichts der Chancenlosigkeit ihrer Vertreter blieben die Massen der orangegewandeten Fans aus, die in der Vergangenheit L'Alpe d'Huez zum „höchsten Berg der Niederlande“ werden ließen und dort historische Triumphe ihrer Idole Zoetemelk, Kuiper, Rooks oder Theunisse feiern konnten. Die holländische Abstinenz zeugte von Realitätssinn, bester Fahrer der Niederlande war Erik Breukink, der fast 14 Minuten nach dem Sieger ins Ziel kam.

Dieser heißt Roberto Conti, stammt aus Italien und schaffte es, sich in der Stunde seines größten Erfolges bei seinen Landsleuten höchst unbeliebt zu machen. Kurz vor dem Ziel sah sich der 29jährige noch einmal prüfend um, erkannte, daß weit und lang kein Verfolger zu sehen war, begann herzlich zu lachen und tat seine Freude ausgerechnet mit der mehrfachen „Bebeto-Wiege“ kund, sich solchermaßen als Verehrer des brasilianischen Fußballs enttarnend. Und Brasilien hatte ja im WM-Finale niemand anders als die Italiener geschlagen.

Ebenso wie Conti hatte auch der Heltersberger Udo Bölts den richtigen Riecher gehabt und sich einer 14köpfigen Ausreißergruppe angeschlossen, die sich schon nach wenigen Kilometern gebildet hatte. Dem Antritt von Conti und dem Kolumbianer Hernan Buenahora konnte Bölts dann zwar nicht mehr folgen, aber er verteidigte den dritten Rang knapp vor dem stark aufkommenden Italiener Alberto Elli. „Ich bin überrascht, wie gut es jetzt bei mir in der Tour läuft, weil ich nach dem Giro d'Italia ein Tief hatte“, sagte Bölts, der in der Gesamtwertung auf den 12. Platz vorrückte.

Spitzenreiter Miguel Induráin hatte die Lage jederzeit unter Kontrolle, hütete sich aber, seine Kräfte zu verpulvern und ließ es sogar zu, daß der Zweitplazierte Richard Virenque (Frankreich) 35 Sekunden aufholte. Matti

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