■ MediaBazaar: Monats-„Spiegel“
Es gab Zeiten, in denen hätten's die Kollegen im Hamburger Spiegel-Haus wohl bei einer „Hausmitteilung“ belassen. So vielleicht: „,Spiegel-Spezial‘ wird von Oktober 1994 an als eigenständiges Monatsmagazin erscheinen. Die bisher übliche Monothematik wird beibehalten. Für die ersten drei Ausgaben sind folgende Themen geplant: Bücher 94, Jugend in Deutschland, 100 Jahre Kino.“ Punkt. Auflagenrückgang, Anzeigenverluste, Markwort im Rücken, Tiedje in Sicht. Da wird die Notiz zum frühzeitig plazierten Aufmacher. Wozu hat man gerade eine Redaktion nur für die Vermarktung der eigenen Produkte eingerichtet. Pressekonferenz, Waschzettel, große Worte: Das „Monatsblatt gegen den Trend zur Verflachung im deutschen Magazin- Journalismus“, kündigt Geschäftsführer Karl Dietrich Seikel an. „Gründlicher“, „schärfer“, „komplexe Hintergründe“ für eine „persönlichkeitsstarke Bildungsspitze“, die Monat für Monat 150.000mal zugreifen soll. Mindestens. Schließlich will das bisher eher betulich agierende Nachrichtenmagazin mit Spiegel-Spezial einen „Beitrag zum Zeitschriften- Wettbewerb im Herbst“ leisten. Soll heißen, den hinzukommenden Wilderern im Spiegel-Revier, Tango (Gruner+Jahr) und Feuer (Bauer) soll der ohnehin enge Anzeigenmarkt ein wenig unwirtlicher gemacht werden. Ohne allzu großes Risiko für den Spiegel-Verlag selbst, versteht sich. Ein eigenes zweites Wochenmagazin zu plazieren, dazu mochte man sich nun doch nicht hinreißen lassen. „Wir sind nicht in der Lage, das zu finanzieren“, befindet Geschäftsführer Seikel. Und die „Geldvernichtung“ der anderen Großverlage, assistiert Spiegel-Chefredakteur Hans Werner Kilz, wolle man erst recht nicht mitmachen. Wenig verwunderlich also, daß Spezial- Chefredakteur Jochen Bölsche, bisher Ressortleiter Deutschland II, das neue Periodikum überwiegend durch das Spiegel-Stammpersonal zusammenstellen lassen muß. Ein bißchen Mehrarbeit für die Redaktionskollegen, das muß er sich von Seikel diktieren lassen, sei durchaus drin. Schließlich habe man in der Vergangenheit mehr Journalisten eingestellt, als für die Produktion des Spiegel nötig seien.Uli Exner
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