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Immer weniger Fische im Netz

■ Worldwatch-Institut meldet massiven Rückgang der Bestände / Schuld sind vor allem staatliche Subventionen für die Fischereiindustrie / Millionen Arbeitsplätze auf der ganzen Welt gefährdet

Washington (AP/epd/taz) – „Mit dem Fischfang ist es wie mit unseren Bankkonten. Wenn wir zuviel herausnehmen und nichts hineintun, wird der Vorrat immer kleiner.“ Nach dem Urteil von Umweltexperten sind die Weltmeere inzwischen bis an die Grenze des Verkraftbaren leer gefischt. Der Alarmruf kommt dieses Mal vom Worldwatch-Institut in Washington. In einem am Samstag veröffentlichten Bericht heißt es, ein seit 1989 registrierter Rückgang der Welt-Fangergebnisse um fünf Prozent sei dadurch zu erklären, daß immer mehr Fischfang im industriellem Maßstab betrieben werde. Von 1970 bis 1990 habe sich die Weltfangflotte von 585.000 auf 1,2 Millionen Schiffe verdoppelt. Etwas mehr als 80 Millionen Tonnen Fisch holt sie Jahr für Jahr aus den Meeren.

Zwar trage die Meeresverschmutzung zur Beeinträchtigung des maritimen Lebens bei, jedoch sei Überfischen der Hauptgrund für das Abnehmen der Bestände, schreibt Worldwatch. „Die Ozeane sind eben nicht das unerschöpfliche Reservoir billiger Nahrung, für das man sie früher gehalten hat.“ Bewaffnete Konfrontationen zwischen Fischereinationen seien eine Folge dieser alarmierenden Entwicklung.

„Wenn die Mißwirtschaft anhält, dann müssen wir mit einer Zukunft rechnen, in der Millionen Fischer keine Arbeit mehr haben“, warnt Peter Weber, Verfasser des Berichts. Nach Jahrzehnten rapider Ausweitung des Fischfangs seien jetzt alle bedeutenden Fanggebiete der Erde an ihren Grenzen oder schon jenseits davon angelangt. Vielfach sei der Fischbestand schon erheblich zurückgegangen. Sämtliche Fangregionen im Atlantik und Pazifik, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer seien – nach Spitzenergiebigkeit in den Jahren von 1973 bis 1991 – im Niedergang begriffen. Nur die Fischerei im Indischen Ozean lege noch zu.

In vier der am schwersten betroffenen Regionen – Nordwest- und Süstostatlantik, westlicher Mittelatlantik, östlicher Mittelsektor des Pazifiks – ist das Fangvolumen den Angaben zufolge bereits um über 30 Prozent geschrumpft. Kabeljau aus dem Nordatlantik, einst im Überfluß vorhanden, ist laut Worldwatch vielleicht schon „kommerziell ausgerottet“ – also so selten, daß sich der industrielle Fang nicht mehr lohnt. Die Thunfischbestände im Westatlantik seien auf ein Zehntel zurückgegangen, einige Lachsarten im Pazifik stünden vor dem Aussterben.

Verantwortlich seien die Regierungen, von denen die Überexpansion der Fischerei gefördert worden sei. Wenn man das Überfischen beenden wolle, müsse man sich überlegen, ob man industriellen Fischfang, mittleren Fischfang oder kleine Fischergemeinden haben wolle. Alle hätten die gleichen Fangkapazitäten, aber die Zahl der Arbeitsplätze und die sozialen Auswirkungen seien unterschiedlich.

Regierungssubventionen für große Fischfabriken müßten auf jeden Fall gestrichen werden. Das derzeitige Fischereiwesen gehe vor allem auf Kosten der Dritten Welt, deren Fischer nicht mit den Fangflotten mithalten könnten. Wegen der Fischknappheit sei mit einem Anstieg der Preise zu rechnen. Ein immer größerer Teil des Fischfanges gelange auf die Tische der Menschen in den wohlhabenden Nationen.

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