: Gestillter Hunger ist der schönste
■ Hamburger Weltstillwoche macht Mut gegen Babyfertigfutter
Rotwangig und pumperlgesund lacht der kleine Wonneproppen auf der Verpackung der Babyersatznahrung. Er bekommt seine Milch in den ersten Lebensmonaten aus dem Fläschchen. Mama muß dazu nur das Milchpulver anrühren und ist beruhigt, daß ihr Liebling nur Gesundes zu trinken bekommt.
Dioxine und andere Schadstoffe in der Muttermilch machen vielen Müttern die Entscheidung schwer, ob sie ihr Neugeborenes stillen oder mit industriellen Fertigprodukten ernähren sollen. Aber Babys sollten nur dann künstliche Nahrung bekommen, wenn es medizinisch dringend erforderlich ist, verfechten Stillgruppen ihre Argumentation gegen die Fertignahrungsindustrie.
„Stillen ist nach wie vor der beste Start ins Leben“, sagt Sabine Baldo von der Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS). Anläßlich der internationalen Weltstillwoche vom 1. bis 8. August betonte sie in Hamburg, daß die positiven Wirkungen natürlicher Babynahrung die Bedenken gegen das Stillen völlig aufwögen.
Auch die Kinderärztin Dagmar Weise vom Kinderkrankenhaus Altona sieht fast nur Vorteile, wenn der Säugling in den ersten fünf bis sechs Lebensmonaten ausschließlich die Milch der Mutter bekommt. „Der Organismus der Mutter stellt sich auf die Entwicklung des Kindes ein und liefert ihm genau die Nährstoffe, die es braucht. Dadurch entsteht eine bessere Verträglichkeit, die besonders allergischen Reaktionen vorbeugt. Außerdem erhält das Baby über das Stillen Abwehrstoffe gegen Krankheiten und der Körperkontakt wirkt sich positiv auf die Psyche aus.“
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und UNICEF erkannten schon vor Jahren die schädlichen Auswirkungen durch den Verkauf von Babyersatznahrung vor allem in Ländern der Dritten Welt. 3.000 bis 4.000 Kinder, so wird geschätzt, sterben täglich an Durchfall- und Atemwegserkrankungen, weil sie nicht oder nur unzureichend gestillt werden. Zudem bedeute die künstliche Babynahrung für die ohnehin armen Familien eine zusätzliche finanzielle Belastung.
Auch in Europa ist man bestrebt, die Vorteile des Stillens herauszustellen. So ist in diesem Jahr in der Bundesrepublik ein Gesetz auf der Basis einer EU-Verordnung erlassen worden, das Restriktionen bei der Werbung für Säuglingsanfangsnahrung erweitert. Fertigersatznahrung für Säuglinge darf nur noch in Publikationen plaziert werden, die der Säuglingspflege gewidmet sind. In jeder Werbeveröffentlichung muß auf die Überlegenheit des Stillens gegenüber künstlicher Nahrung ausdrücklich hingewiesen werden.
Für die Stillgruppen sind diese Beschränkungen indes noch nicht ausreichend. Aber eine Restriktion der Vermarktung von Babynahrung werden sie wohl kaum durchsetzen können. Ute Schmölz
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