: FDP will nicht mehr Naturschutz
■ Umweltressort will Naturschutzgesetz ändern: Mehr Verbandsbeteiligung /BUND: „Längst überfällig“ / Das Wirtschaftsressort diskutiert nicht mit
Als gestern vormittag im Bremer Umwelt-Ressort eine kleine Referenten-Gruppe sich traf, um über die Novellierung des Naturschutz-Gesetzes zu beraten, da fehlte wieder einer: der Vertreter des Wirtschafts-Senators. Ohne Angaben von Gründen oder Entschuldigung. Schon bei der Fraktionsberatung der Umwelt-Deputation hatte FDP-Deputierter Magnus Buhlert klargemacht, daß er im Moment nichts von einer Debatte dieses Gesetzesentwurfs halte. Buhlert zur taz: „Die FDP macht diesen Gesetzesentwurf nicht mit im Moment“. Ob überhaupt, werde „auf einer anderen Ebene“ entschieden. Gemeint ist die senatorische Ebene. Die ist zwar Exekutive und nicht mit der Verantwortung für Gesetzgebung betraut, das macht aber nichts. Buhlert: „Bevor der Senat sich nicht geeinigt hat, macht es keinen Sinn, weiter zu diskutieren.“
Inhaltlich sind die Bedenken des FDP-Umweltpolitikers keineswegs fundamental. Das Bundesnaturschutzgesetz gibt es den Ländern auf, bestimmte Biotope automatisch unter Naturschutz zu stellen. Die Frage ist welche. In der Auflistung geht Bremen über das Minimum, das das Bundesgesetz fordert, hinaus. Betroffen sind Moore, Sümpfe, Röhrichte, Binnendünen, Süßwasserwattflächen - also in Bremen minimale Flächen. „Ob das relevant ist“, meint auch Buhlert, sei die Frage. Im Gewerbepark West gebe es auch schützenswerte Biotope nach Bundesnaturschutzgesetz - da aber habe das Umweltressort dankenswerterweise so lange gewartet, bis sich die Frage nicht mehr stellt.
Der andere Streitpunkt ist das Verbandsklagerecht. Das soll ausgeweitet werden, so steht es auch in der Koalitionsvereinbarung - nach dem Berliner Vorbild. Das Umweltressort will nun aber nach niedersächsischem Vorbild verfahren, da seien die Beteiligungs-Rechte klarer definiert. Das findet auch Buhlert und fügt hinzu, die FDP sei grundsätzlich für das Verbandsklagerecht. Nur: Mit dem erweiterten Naturschutz seien Flächen für Wohnen und für Gewerbe nicht mehr so schnell zu haben - „ein echter Zielkonflikt“. Stellt sich die Frage, wie sich die FDP entscheidet. Buhlert: „Die FDP hat wenig Lust, das Naturschutz-Gesetz zu verändern.“
Für den zuständigen Abteilungsleiter im Umweltressort, Musiol, geht es bei der Gesetzesnovelle auch um eine Reihe formaler Rechtsanpassungen, die erforderlich sind. Und bei der Landschaftsplanung sei das alte Gesetz nicht pratikabel gewesen: Wenn zum Beispiel in einem Landschaftsprogramm vorgeschrieben werde, daß Hecken einmal im Jahr geschnitten werden müssen, dann sei dies bisher nicht durchsetzbar. Das einzige Instrument sei die Enteignung. In Zukunft soll es möglich sein, die Eigentümer zu verpflichten, entsprechende Maßnahmen zu dulden.
Der BUND betont noch einen anderen Aspekt: Im alten Gesetz gebe es eine „Landwirtschaftsklausel“, die die Intensivlandwirtschaft mit Massentierhaltung und Pestizidanwendung vor Naturschutz-Auflagen schützt und auch einen dramatischen Rückgang der Feuchtwiesen möglich gemacht habe. Ein modernes Naturschutz-Recht sei „überfällig“, erklärt der BUND. Vor 15 Jahren habe das bremische Naturschutz-Gesetz zu den richtungsweisenden Neuerungen gehört. Das sei lange her und das Gesetz längst eben auch überholt.
K.W.
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