■ Standbild: „Pff, das war hart“
„Schrei nach Hilfe“, Mittwoch, 20.15 Uhr, Sat.1
Das Massaker scheint unausweichlich. Ein Zug voller bosnischer Flüchtlingskinder, serbische Soldaten, durchgeladene Maschinengewehre. Da löst sich ein blinder Junge aus dem Elendslager im Güterwaggon. Neugierig krault er den wilden Bart eines grimmigen Uniformierten. Die Züge des Soldaten glätten sich. Der Weg für den Rote-Kreuz-Transport ist frei.
Große Gefühle genügen dem Regisseur des italienisch-deutschen TV-Spielfilms „Schrei nach Hilfe“, Franco Rossi, um brenzlige Situationen an den Bürgerkriegsfronten des ehemaligen Jugoslawiens aufzulösen. Doch die rührend gemeinten Gesten von Sprach- und Hilflosigkeit geraten zu zynischen Stilblüten. Da hält der italienische Kommissar Michele (Silvio Orlando) in einer umkämpften bosnischen Stadt, zwischen Kratern und Ruinen, salbungsvolle Worte für seine bibbernde Gefährtin Nini (Desiree Nosbusch- Becker) parat: „Es gibt ein Mittel gegen die Kälte, das alle Völker der Welt haben: die Liebe.“
Rossi bleibt in seiner redlich engagierten Schlagzeilen-Geschichte über die Rettung von hundert bosnischen Kindern peinlich darauf bedacht, keinen Anstoß zu erregen. Er hält sich aus allen Fragen zu Gewalt und Widerstand heraus. Seine Vermeidungsstrategien sind einfältig und passagenweise feige. Wird's ernst, muß ein Junge zur Knarre greifen und abdrücken, um die Mildtäter aus Italien zu schützen. „Er ist doch noch ein Kind“, werden die Erschrockenen dann von Desiree Nosbusch beschwichtigt. Sie hat die undankbare Aufgabe, eine Frauengestalt zu verkörpern, die allein von einem vagen, vermeintlich weiblichen Instinkt angeleitet wird, das Unlogische, aber einzig Richtige zu tun. Bahnt sich eine Kontroverse über den geplanten Kindertransport an, entscheidet sie mit glasigen Augen und unantastbarem Helfersyndrom. „Wir machen's.“
Heikles verstaut Rossi so im sicheren Terrain des Unhinterfragbaren. Die Bilder dieses „Kriegsabenteuers“ (TV-Spielfilm) bewahren Pietät. Auf Gewaltdarstellungen hat man bewußt verzichtet. Kaum Blut, keine Schreie. Daß Granatsplitter und Schußwunden kein Zuckerschlecken und der Krieg keine geigenumschwärmte Romanze sind, läßt Rossi allenfalls durch Nosbuschs Tränen und ein Ärzteteam bezeugen, das nach ungezeigten Notoperationen stöhnt: „Pfff, das war hart.“ Birgit Glombitza
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