: Ruandas Elend freut Zaires Diktator
■ Mobutus Stern glänzt wieder am afrikanischen Himmel
Johannesburg (taz) – Die obligate Leopardenfellmütze auf dem Kopf, die Brille mit dem typischen dicken, schwarzen Rand auf der Nase, spazierte Zaires Präsident Mobutu Sese Seko durch die Tür des Gästehauses der südafrikanischen Regierung in Pretoria zu der wartenden Limousine. Er hatte sich mit Afrikas neuester Hoffnung, Südafrikas Staatschef Nelson Mandela, mit seinen Kollegen Eduardo dos Santos aus Angola und Joaquim Chissano aus Mosambik getroffen und war sich seines Erfolges gewiß. Nach Jahren im internationalen Abseits darf er dank seiner Schlüsselrolle in den Konflikten von Ruanda und Angola wieder auf dem diplomatischen Parkett mitmischen.
Das Elend in Ruanda und die Misere in Angola haben den jahrelang geschaßten Diktator wieder zu einer Schlüsselfigur in der afrikanischen Geopolitik gemacht. „Ohne ihn geht nichts“, lautet das Resümee von Blondin Beye, UNO-Sonderbotschafter für Angola. Mobutu ist noch aus den Zeiten, als der US-Geheimdienst CIA ihn im Kampf gegen das moskaugestützte angolanische Regime unterstützte, ein alter Freund und Gehilfe des Rebellenchefs Jonas Savimbi. Über Zaires Hauptstadt Kinshasa läuft der Nachschub für die Unita-Rebellen, und dort werden Millionen beim Aufkauf der Rohdiamanten aus dem Bürgerkriegsland verdient.
Selbst Frankreich, während der letzten Jahre eher ein zurückhaltender Verbündeter Mobutus, wischte alte Bedenken vom Tisch, als es um Hilfe für die bedrängten gemeinsamen alten Freunde in Ruanda ging. Zaire und Frankreich hielten bis zuletzt zu der einstigen ruandischen Regierung, die für die Massenmorde der letzten Monate verantwortlich ist. Frankreich nutzte bereitwillig Zaires Ostgrenze als Aufmarschgebiet, als es darum ging, Soldaten im Rahmen der „Opération Turquoise“ in den Südwesten des umkämpften Landes zu entsenden.
Die Millionen Flüchtlinge aus Ruanda kommen Mobutu da wie gerufen. „Ein Machtwort von Mobutu, und nichts geht mehr hier“, sagt der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in der Grenzstadt Goma. Nicht umsonst enthält Mobutus kompletter Titel einen bemerkenswerten Satz: „Der einzige Hahn, der im Dorf kräht.“ Vom Verhalten des Hahns wird nicht nur das weitere Überleben der Vertriebenen abhängen. Er entscheidet auch über Krieg oder Frieden in Ruanda. Denn unter den Flüchtlingen befinden sich Tausende von versprengten Soldaten. Manche glauben, einen erneuten Krieg in Ruanda entfachen zu können.
Doch ob Mobutus neue Rolle tatsächlich den erhofften Erfolg bringt, ist unsicher. Die USA, die ihn einst aus taktischen Erwägungen vom Dorflehrer zum Diktator hochpäppelten, würden ihn immer noch gerne fallen sehen. Aber im Fall Angola weiß auch Washington keinen anderen Ausweg mehr, als den zairischen Herrscher einzuspannen. Auch im Fall Ruanda nahm Washington bereitwillig Mobutus Aufstieg aus der eigenen Asche in Kauf.
So kann der seit 34 Jahren regierende Diktator, der Afrikas größten Staat ruiniert hat, hoffen, bald wieder in seine Villa del Mar in Cap Martin an der französischen Riviera zurückkehren zu können. Die sozialistische Regierung in Paris hatte ihm in der Vergangenheit das Visum verwehrt – die neue konservative Regierung wird dies nach der Hilfe in Ruanda kaum noch aufrechterhalten. Vorläufig vergnügt sich die Mobutu-Familie an anderen Gestaden. Ein Diktatorensohn kaufte sich eine Villa in Kapstadt, und die Sippe nistete sich in einem Vergnügungszentrum mit dem passenden Namen „Lost City“ ein. Willi Germund
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