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Mehr Kontrolle am Arbeitsplatz

■ Computer und Abhörgeräte eingesetzt / Internationale Arbeitsorganisation (ILO) bezweifelt praktischen Nutzen

Washington (AP) – In Industriestaaten greift die Überwachung der Menschen an ihrem Arbeitsplatz immer mehr um sich, wie am Montag aus einem in Washington veröffentlichten Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hervorging. Dazu würden von den Arbeitgebern entsprechend dem technischen Fortschritt in wachsendem Maße Computer, Kameras und Abhörgeräte eingesetzt.

Der Bericht der Organisation, die ihren Sitz in Genf hat, stützt sich auf Untersuchungen in 19 Ländern, betroffen waren 393 Firmen in Europa, Kanada und den USA. Als Beispiel wurde auf die Niederlande verwiesen, wo 88 Prozent aller elektronischen Überwachungssysteme seit 1980 installiert worden seien. „Es spielt keine Rolle, ob man in einer Fabrik, in einem Büro oder als hochbezahlter Ingenieur arbeitet – man ist wahrscheinliches Ziel einer Beobachtung durch Computer oder Geräte, die vom Chef kontrolliert werden“, sagte Michelle Jankanish, eine der Autorinnen des Berichts.

In der Untersuchung wird auf eine amerikanische Studie verwiesen, wonach in den USA bis zu 80 Prozent aller Beschäftigten in der Telekommunikation sowie bei Banken und Versicherungen der Überwachung unterworfen sind. Die ILO selbst schätzt, daß über 20 Millionen Amerikaner – etwa 20 Prozent der Arbeitnehmer – in irgendeiner Form elektronisch kontrolliert werden. Im Kongreß in Washington sind bereits Gesetzesvorschläge eingebracht worden, mit denen diese Praxis eingedämmt werden soll.

Dem Bericht zufolge nennen die Arbeitgeber in allen betroffenen Ländern mehrere Gründe für diese Überwachung: Erfordernisse des Arbeitsschutzes, Verbesserung der Qualität der Leistung, Kontrolle automatisch arbeitender Maschinen und des Arbeitsablaufes, Bekämpfung von Diebstahl. Besonders besorgt äußerte sich die Arbeitsorganisation über den dramatisch gewachsenen Zugriff der Arbeitgeber auf die Elektronische Post (E-Mail) in den Betrieben. Dabei räumten selbst Arbeitgeber ein, daß Zweifel an der Wirksamkeit der Überwachungsmaßnahmen bestünden und diese sogar kontraproduktiv sein könnten. Die Kontrolle der Arbeitnehmer trage erheblich zum Streß am Arbeitsplatz mit allen, auch gesundheitlichen Nachteilen bei.

In dem Bericht heißt es, eine positive Zukunft könne es für die Überwachung am Arbeitsplatz geben, wenn sie „in menschlicher Weise“ vor sich gehe. Dazu gehöre, daß den Arbeitnehmern der Zugang zu den auf diese Weise gesammelten Informationen gewährt werde und das ganze System zur Motivation der Beschäftigten eingesetzt werde.

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