Verschüttet

■ Gasexplosion löste in Rothenburgsort ein Inferno aus Von Kai von Appen

Vermutlich vier Tote, sieben Verletzte und ein völlig demolierter Westflügel – so lautet die Bilanz der verheerenden Explosion, die am Dienstagabend in einem neungeschossigen Hochhaus in Rothenburgsort durch ausströmendes Gas verursacht wurde. Wahrscheinlich brach eine Gasleitung im Keller. Die Aufräumungsarbeiten werden noch Tage in Anspruch nehmen.

Auch Stunden nach der mächtigen Detonation herrscht an der Unglückstelle noch ein Bild der Verwüstung. Gestern konzentrierte sich die Arbeit der Retter auf die Bergung eines Verschütteten. Zusätzlich versuchten sie den ganzen Tag, das Gebäude abzustützen, das einzustürzen droht.

Im verschütteten Kellergewölbe werden noch Opfer vermutet. Krisenstabschef und Ortsamtsleiter Udo Springborn: „Es liegt vermutlich noch eine Person im Keller. Wir gehen davon aus, daß die Person nicht mehr am Leben ist.“

Die Katastrophe hatte sich am Dienstag Abend gegen 22 Uhr ereignet: Eine gewaltige Druckwelle erschütterte das Haus der stadtstaatlichen Genossenschaft GWG am Billhorner Röhrendamm 120 und fetzte die beiden Untergeschosse des Westflügels völlig weg. Tragende Mauerteile flogen 50 Meter durch die Luft, Wohnungsinventar wurde in den Vorgarten geschleudert.

Die Feuerwehr konzentrierte ihre Rettungsarbeiten zunächst auf die Bekämpfung der Folgebrände und die Bergung der BewohnerInnen. Zwei 35 und 45 Jahre alte Männer und eine 61jährige Frau – die das Parterre bewohnten – konnten nur tot geborgen werden. Die rund 100 MieterInnen des 63 Wohnungen umfassenden Komplexes wurden evakuiert, in Großrettungswagen versorgt und später zu Verwandten oder in Hotels gebracht.

Obwohl die Suchhunde des Roten Kreuzes die Witterung von Verschütteten aufnahmen, wurden in die Bergungsarbeiten aufgrund der akuten Einsturzgefahr in der Nacht eingestellt und erst in den gestrigen Morgenstunden wieder aufgenommen.

Bei einer nochmaligen Begehung werden die Suchhunde abermals fündig. Rot-Kreuz Sprecher Bernt Edelhoff: „Mehrere Hunde haben an der selben Stelle wieder heftig reagiert – wie schon in der Nacht. Aufgrund von Erfahrungswerten kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, daß sich dort noch ein Mensch befindet.“ Trotz der „Markierung“ durch die Vierbeiner, die verschüttete Menschen noch in vier Meter Tiefe wittern können, kann sich die Feuerwehr wegen der Instabilität des Gebäudes nicht zum Opfer vorkämpfen.

Bei einer Sitzung eines Krisenstabes aus Polizei, Feuerwehr, Ortsamt, Statikern und Eigentümer wird dann am Mittag das weitere Vorgehen festgelegt.

Zunächst beginnt ein Bergungsunternehmen, das Gebäude zu stabilisieren. Die Bergung des Verschütteten aus dem Kellergewölbe wird vorraussichtlich aber erst heute möglich sein. Springborn: „Die Bergung wird abhängig sein von den Maßnahmen zur Standsicherung.“

Während einige BewohnerInnen des Ostflügels bereits gestern einige Habseeligkeiten aus den Wohnungen holen durften, können die MieterInnen den zerstörten Westflügel frühestens heute betreten. Springborn: „Nur unter polizeilicher Begleitung und nur als einzelne Person dürfen sie ihre Wohnung aufsuchen“, – mehr als zwei Personen könnte das Gebäude zum Einsturz bringen. Während die BewohnerInnen des Ostteils vermutlich später ihre Wohnungen wieder beziehen können, müssen die Statiker nun prüfen, ob der Westteil instandsetzbar ist oder abgerissen werden muß.

Über die Unglücksursache hält sich „Hein Gas“ noch bedeckt. Sprecher Roland Bombe: „Fest steht nur, daß es kein Sprengstoffanschlag war.“ Für Springborn liegt der Fall hingegen klar: „Es war ein Bruch in der Zuleitung, ein relativ dickes Rohr.“ Womöglich hatte der Verschüttete, der sich als einziger im Keller befand, die Explosion des ausgeströmten Gases durch einen Lichtschalter oder Glimmstengel ausgelöst.