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Die NRW-Grünen und rot-schwarze Raffkes

■ Selbstbedienung bei Wahlkampfgeld

Düsseldorf (taz) – Für die Landeskasse hat sich das Engagement der nordrhein-westfälischen Grünen gegen die von SPD und CDU 1990 beschlossene Erhöhung der Wahlkampfkostenerstattung ausgezahlt: Fast 10 Millionen Mark mußten die Parteien an den Fiskus zurückerstatten. Bis zuletzt tobte der Streit um die Zinsen. Während die Grünen auf eine marktübliche Verzinsung der von allen Parteien zu Unrecht kassierten Staatsknete pochten, suchten die Altparteien die Zinslast kleinzurechnen. In der vergangenen Woche stimmten nun auch die Grünen dem von der Düsseldorfer Landtagspräsidentin Ingeborg Friebe (SPD) vorgeschlagenen Vergleich zu. Der sieht zwar eine zu Lasten der Staatskasse äußerst gnädige Regelung für die Parteien vor, aber die Erfolgsaussichten einer Klage dagegen werteten die Grünen „gleich null“, so ihr Fraktionsgeschäftsführer Michael Vesper. Der von den Grünen schon im März 1993 an die Präsidentin gezahlte Zinsgewinn in Höhe von 352.000 Mark fließt nun bis auf 12.000 Mark an die Partei zurück. Legt man die Grünen Zinsansätze zugrunde, dann sparen CDU und SPD sogar weit über 400.000 Mark.

Im September 1990 wähnten sich CDU und SPD einer schnellen Lösung ihrer Finanzprobleme sehr nahe. Mit einem Überraschungscoup setzten sie im Landtag kurzerhand die Erhöhung der Wahlkampfkostenerstattung von fünf Mark pro Kopf auf 6,25 Mark durch. Gleichzeitig sah der Beschluß für alle Parteien rückwirkend einen Sockelbetrag von 1,96 Millionen Mark für die schon im Mai 1990 abgehaltene Landtagswahl vor. Das Geld floß prompt. Mit den schon damals vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken hielten sich die parlamentarischen Geldbeschaffer nicht lange auf. Doch dann stoppte der von den Grünen angerufene Verfassungsgerichtshof in Münster 1992 die dreiste Selbstbedienung: Der ganze Coup war verfassungswidrig. Neben den Sockelbeträgen mußten auch die überhöhten Abschlagszahlungen anteilig zurückerstattet werden. Die CDU büßte etwa 2,85 Millionen Mark, die SPD 3,3 Millionen, Grüne und FDP jeweils rund 2 Millionen Mark ein.

Im Februar 1993 erging dann an die Sünder die Bitte der Landtagspräsidentin, endlich die Höhe der ersparten Zinsen mitzuteilen. Nur die Grünen bezifferten daraufhin ihren Zinsgewinn mit 352.000 Mark korrekt und zahlten. Die anderen schickten Gutachten und Expertisen. 45.000 bot die CDU zunächst an. Eine Verzinsung des Sockelbetrages, so tönten Schwarze und Rote unisono, verbiete sich, weil sie die Kohle doch „im guten Glauben“ erlangt und verbraten hätten. Und sie setzten sich durch. Statt der eigentlich fälligen rund 500.000 Mark kommen die CDU nun mit 95.000 Mark und die SPD mit 130.000 Mark davon. Mit 8.000 Mark ist die FDP dabei.

Inzwischen hat der Landesvorstand der nordrhein-westfälischen Grünen beschlossen, daß der nun zurückfließende Zinsertrag in Höhe von 340.000 Mark auf einem Sperrkonto landen soll. „Wir wollen das Geld nicht für die Parteiarbeit“, verspricht Vesper, „sondern damit sollen gezielt soziale und ökologische Projekte gefördert werden“. Walter Jakobs

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