piwik no script img

Der Marathon-Mann

■ Stephane Franke pumpt sich völlig aus und macht Dieter Baumann Beine

Berlin (taz) – Da ist einer 10.000 Meter immer im Kreis herum gerannt, als ob er um sein Leben rennen müsse, hat sich nach 28:07,95 Minuten nur noch per Sturz über die Ziellinie hecheln können, japst in der Horizontalen flehentlich nach ein bißchen Sauerstoff im heißen Helsinki und stammelt doch: „Ich bin überglücklich.“ Gibt's so was? So was gibt's. So was heißt Stephane Franke, ist 30, Zahnarzt von Beruf und wird, kaum hat er die Spikes ausgezogen, von den Sportagenturen als „Lokomotive der deutschen Europameisterschafts- Mannschaft“ verpflichtet.

Gar kein so schlechter Job für „Super-Lunge“ (Bild), den ehemaligen Marathon-Mann, dem, seit ihm Isabell Baumann Beine macht, der Erfolg auf vergleichsweise kurzen Strecken hinterherläuft. Mit einem vierten Platz bei der Weltmeisterschaft in Stuttgart hat Franke, der in Versailles („L'état c'est moi!“) geboren wurde, auf sich aufmerksam gemacht und nun in Helsinki seine erste internationale Medaille geholt. Bronze! Das Verhältnis zum Gemahl der Trainerin ist abgekühlt – „Mit Dieter trainiere ich nur noch Dauerläufe“ –, seit jener mit einem Doppelstart taktierte. „Ich hatte es mir leichter vorgestellt“, keucht der Mediziner, der offenbar jeden gutmeinenden Kontaktlinsen-Berater fortgeschickt haben muß. Seine Motivation an diesem Sonntag? Ganz utilitaristisch: „Ich wollte nicht ohne Geburtstagsgeschenk für meine Mutter ankommen.“

Na bitte: Es war ein selbstgebasteltes Präsent, Maßarbeit, mühsam, vor allem in der Endphase: „Meine Beine gingen seitwärts, aber der Kopf wollte geradeaus.“ Bei so viel koordinativem Orientierungs-Durcheinander nachgerade ein Wunder, daß Franke nun überlegt, den Baumann-Spieß umzudrehen: „Vielleicht starte ich auch über 5.000 Meter.“ coh

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen