: Frühere DDR-Richterin angeklagt
■ 76jährige muß sich wegen Totschlags verantworten
Gegen eine frühere beisitzende Richterin beim Obersten Gericht der DDR ist Anklage wegen Verdachts des Totschlags, der Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung erhoben worden. Das teilte die Berliner Justizsprecherin Uta Fölster gestern in einer Presseerklärung mit.
Angeklagte zu Unrecht wegen Spionage verurteilt
Die heute 76jährige Frau soll in der Zeit von November 1954 bis Juni 1965 in vier Verfahren bei Urteilen mitgewirkt haben, durch die die damaligen Angeklagten „zu Unrecht wegen Spionage beziehungsweise Kriegs- oder Boykotthetze oder wegen friedensgefährdender Propaganda für den Militarismus zum Tode beziehungsweise zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt“ wurden. Sechs der Angeklagten seien zum Tode verurteilt und hingerichtet, 13 zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt worden.
13 Anklagen wegen Rechtsbeugung
Ein Termin für die Hauptverhandlung gegen die Frau, die seit dem 3.August in Untersuchungshaft sitzt, sei noch nicht anberaumt. Wie Fölster weiter mitteilte, stellten die damaligen Urteile „offensichtliche schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte dar“.
Die Arbeitsgruppe Regierungskriminalität hat damit insgesamt 13 Anklagen wegen Verdachts der Rechtsbeugung erhoben. Sie richteten sich gegen mehrere ehemalige Richter des Obersten Gerichtes, Militärrichter und -staatsanwälte, mehrere Angeschuldigte aus dem Bereich des Generalstaatsanwalts beziehungsweise der Staatsanwaltschaft Ost-Berlins sowie gegen zwei ehemalige Repräsentanten des DDR-Justizministeriums.
Wegen des Verdachts der Anstiftung zur Rechtsbeugung im Zusammenhang mit der Behandlung von Strafanzeigen, die die Kommunalwahl in der DDR im Mai 1989 betreffen, ist außerdem der ehemalige Chef der DDR-Staatssicherheit, Erich Mielke, angeklagt. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen