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„Der nächste Schuß ist scharf“

■ Wal-Retter-Schiff „Whales forever“ liegt in Bremerhaven - zur Reparatur

Wale retten durch einen aggressiven Einsatz gegen den illegalen Walfang, das ist das Motto des Schiffes „Whales forever“ von der Organisation Sea Shepherd, dem Deutschen und Europäischem Tierhilfswerk. Seit einigen Tagen liegt das bunt mit Walen bemalte Schiff wegen eines Motorschadens in Bremerhaven, direkt beim Columbuskai.

„Ich habe an keinem anderen Ort soviele positive Anerkennung unseres Projektes erlebt, wie in Bremerhaven“, sagt der Pressesprecher Chuck. Angefangen über die Erlassung der Liegegebühren durch die Hafenbehörde und den kostenlosen Reperaturarbeiten durch freiwillige Fachleute, bis hin zur Versorgung mit Kuchen, Eiern, Milch und Geldspenden unterstützen die BremerhavenerInnen die „Whales forever“.

„Ich bin 17 Jahre zur See gefahren und habe Wale in freier Wildbahn gesehen, und ich möchte, daß es sie weiterhin gibt“, sagt der Bremerhavener Michael Dreyer. Wenn er nicht gerade Prospekte an die neugierigen TouristInnen verteilt, klopft er unentgeltlich den Rost vom Schiff ab. Auch die etwa 20 Crewmitglieder arbeiten kostenlos. Sie müssen sogar die schwarzen Crew-Shirts mit dem Aufdruck „Whales forever“ aus eigener Tasche bezahlen. Chuck arbeitet sonst als Maschinist in Kalifornien, aber immer nur für einige Monate, um anschließend wieder auf das Schiff zu gehen. „Ich mag die nicht-gewalttätige aber dennoch aggressive Vorgehensweise dieser Organisation“, sagt Chuck.

In den letzten 14 Jahren hat der Kopf der Organisation Sea Shepherd, der Kanadier Paul Watson, 10 Schiffe versenkt, die illegalen Walfang betrieben haben. Der ehemalige Mitbegründer von Greenpeace und seine Anhänger seien Stolz darauf, daß sie bei ihren Aktionen niemals einen Menschen geschadet hätten, und das sei überdies oberstes Gebot, erzählt Chuck. Zunächst observieren sie das Walfangschiff, dann schleicht sich einer an Bord, um die Flutventile zu sabotieren. Alle Schiffe seien durch öffnen der Flutventile im Hafen versenkt worden.

„Die Menschen haben nun seit 25 Jahren Postkarten zum Beispiel an die norwegische Regierung geschrieben, und nun ist es an der Zeit einen weiteren Schritt dagegen zu unternehmen in der Art wie wir es tun“, sagt Chuck, der seinen Nachnamen lieber nicht nennt. Angst habe er nicht, aber vorsichtiger sei er geworden, seitdem Anfang Juli ein norwegisches Kriegsschiff seine Kanonen auf ihn richtete.

Die „Whales forever“ wurde am 6. Juli in internationalen Gewässern auf dem Weg nach Norwegen zunächst von norwegischen Küstenfahrtschiffen begleitet. Dann tauchte das norwegische Kriegsschiff Ademis auf, und versuchte zunächst ein dickes Tau in die Schiffsschraube der „Whales forever“ zu werfen. Durch geschickte Wendemanöver konnte der Kapitän Paul Watson dem Angriff entgehen. Doch das vier Mal so große Kriegsschiff fuhr gezielt Mitschiffs auf die „Whales forever“ zu, um sie zu rammen. Paul Watson drehte ab, und das Kriegsschiff rammte so den Bug, der vollkommen eingedrückt wurde. Als die „Whales forever“ nicht abdrehte, schossen die Norweger mit einer Kanone.

„Der nächste Schuß ist scharf, wenn Menschen sterben, sind Sie verantwortlich“, haben die Norweger zu Paul Watson gesagt, erinnert sich Denise Wenger, Biologin und Pressesprecherin des Europäischen Tierhilfswerks.

Anschließend warfen die Norweger vier Unterwasserbomben unter den Bug. Dabei habe er um sein Leben gefürchtet, sagt Chuck. Er glaubt dennoch an die Richtigkeit seines Handelns. „Ich glaube, es ist verrückt in einer Welt wie dieser zu leben und nicht zu tun. Das Nichthandeln würde mich viel mehr ängstigen.“

Eine Woche lang liegt das Schiff in Bremerhaven, dann nimmt es Kurs auf koreanische Treibnetzfischer, die im Mittelmeer vor der französischen Küste zehn Kilometer lange Treibnetzen auslegen. Gesetzlich erlaubt sind nur etwa zweieinhalb Kilometer. Die Crew von „Whales forever“ samt ihrem Kapitän Paul Watson will versuchen, die Netze zu kappen.

Sachspenden wie Werkzeuge, Seekarten und Proviant werden gerne entgegengenommen. Spendenkonto bei der Ökobank Frankfurt, Paul Watson, Stichwort Walfang, BLZ: 500 901 00, Kontonr.: 251 259.

Vivianne Agena

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