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Schwere Schlappe für Clinton

■ US-Kongreß bringt Gesetz über Verbrechensbekämpfung zu Fall / Ist auch die Gesundheitsreform in Gefahr?

Washington (AP) – US-Präsident Bill Clinton hat im Kongreß eine schwere Niederlage erlitten: Das Repräsentantenhaus brachte am Donnerstag das Gesetz über eine wirksamere Bekämpfung des Verbrechens und damit eine der wichtigsten Reformen der Regierung zu Fall. Clinton und andere Befürworter kündigten an, sie wollten die Vorlage erneut einbringen. Das Gesetz, das bei Ausgaben von 33 Milliarden Dollar Planstellen für 100.000 zusätzliche Polizisten und Waffenverbote vorsieht, scheiterte an oppositionellen Republikanern und schwarzen Abgeordneten aus Clintons eigener Partei, mit der mächtigen Waffenlobby NRA (National Rifle Association) im Hintergrund.

„Ich habe alles gegeben und getan, was ich konnte“, sagte Clinton in einer ersten Reaktion. „An diesem Tag haben sich die NRA und die Führung der Republikaner durchgesetzt.“ Clinton und Thomas Foley, der ebenfalls der Demokratischen Partei angehörende Präsident des Repräsentantenhauses, kündigten sofortige Bemühungen mit dem Ziel an, die Vorlage erneut im Plenum einzubringen.

Denn die Abgeordneten hatten formell nicht den Gesetzentwurf abgelehnt, sondern mit 225 gegen 210 Stimmen praktisch entschieden, daß über die Vorlage gar nicht abgestimmt werden solle. Der Präsident sagte, die Gegner des Projekts hätten „das amerikanische Volk im Stich gelassen“, und machte dafür die Opposition und die Vereinigung der Waffenbesitzer verantwortlich. Dagegen ließ er erkennen, daß er ein gewisses Verständnis für die schwarzen Abgeordneten empfinde, deren Einwände vor allem der geplanten Ausweitung der Todesstrafe auf zahlreiche Verbrechen gelten.

Die National Rifle Association, die im Mai knapp mit ihrem Bemühen scheiterte, eine Verschärfung der Vorschriften beim Waffenkauf zu verhindern, äußerte Genugtuung über den Beschluß des Repräsentantenhauses. Ihre Sprecherin Tanya Metaksa sagte: „Die Amerikaner wollen genau das Gegenteil von dem, was die Politiker ihnen angeboten haben. Wir wollen Gefängnisse, keine Wahlgeschenke, Polizei, keine leeren Versprechungen, Kämpfer gegen das Verbrechen, keine Sozialarbeiter.“ Vertreter der Republikaner deuteten an, daß sie bereit sein könnten, über eine Abänderung des Entwurfs zu verhandeln. Die Vorlage ist bereits revidiert worden, ehe sie vom Senat verabschiedet wurde.

Ungewiß ist, ob der Entwurf neu eingebracht werden kann, ehe der Kongreß mit den Parlamentsferien beginnt. Im November finden ohnehin Neuwahlen statt. Offen ist auch noch, ob das Repräsentantenhaus demnächst die Beratung der Reform der Krankenversicherung in den USA aufnimmt, die ein weiteres wichtiges Vorhaben der Regierung Clinton bildet. Der Präsident besteht bisher darauf, daß sich das Parlament nun mit dieser Reform befaßt.

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