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Lira gegen Berlusconi

■ Die italienische Währung ist zehn Prozent unterbewertet / Exportboom

Rom (dpa) – Silvio Berlusconi und sein Koalitionspartner Umberto Bossi haben am Wochenende versucht, das zerrüttete Vertrauen der Finanzmärkte in die italienische Währung zu reparieren. Erfolg hatte das Geheimtreffen keinen. In Frankfurt wurde die Lira mit 0,9762 Mark nur geringfügig fester notiert als am Schwarzen Freitag, als sie auf 0,9750 Mark fiel. In London sah es nicht viel besser aus. Auch die Aktienkurse italienischer Unternehmen konnten in der Londoner City gestern keinen Boden gutmachen.

Schatzminister Lamberto Dini ließ kurzfristig seinen geplanten Urlaub in Costa Rica platzen. Die Turbulenzen an den italienischen Finanzmärkten sind allein politischen Faktoren zuzuschreiben. Die Lira, so schätzen Experten übereinstimmend, ist mindestens zehn Prozent unterbewertet. Viele Börsenbeobachter hatten denn auch durchaus mit einer Kurserholung gerechnet. Doch angesichts eines staatlichen Schuldenbergs von umgerechnet 1.900 Milliarden Mark machte sich bei in- und ausländischen Anlegern Nervosität breit. Um die aus dem Lot geratenen Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen, müßte die zerstrittene Regierungskoalition unpopuläre Maßnahmen wie Kürzungen bei Renten- und Krankenversorgung nicht nur ankündigen, sondern auch durchführen. Doch das Mißtrauen gegen Berlusconi sitzt tief: Fachleute schätzen, daß ausländische Investoren allein im Juli über 20 Billionen Lire (20 Milliarden Mark) vom Mailänder Finanzplatz abgezogen haben.

Der deutschen Toskana-Fraktion kommt die Krise gelegen. Die Urlaubskasse reicht weiter. Und die italienischen Betriebe exportieren dank der schwachen Lira wie die Weltmeister: Der Handelsbilanzüberschuß verdoppelte sich in den ersten fünf Monaten gegenüber dem bereits ausgezeichneten Wert des Vorjahres.

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