: Staatsanwalt kandidiert für Reps
■ Von den Sozialdemokraten zu den Rechtsradikalen / Bochumer Landgericht auf den Spuren von Mannheim
Bochum (taz) – Für seine rechte Gesinnung war der Bochumer Oberstaatsanwalt Karl Lucks (64) in Justizkreisen seit Jahren bekannt. Die Wiedereinführung der Todesstrafe war ihm ebenso eine Herzensangelegenheit wie der Kampf gegen „Asylbetrüger“. Jetzt will der kurz vor seiner Pensionierung stehende staatliche Ankläger sein rechtes Lebenswerk im Bundestag vollenden. Für die rechtsradikalen „Republikaner“ tritt Lucks als Direktkandidat in Bochum an. Ende der 70er Jahre tummelte sich der Jurist noch als Rechtsaußen in der SPD.
Seit zwei Jahren gehört Lucks den Reps an. Seine Absicht zur Kandidatur war der Amtsleitung und dem Düsseldorfer Justizministerium seit Monaten bekannt. Geschehen ist nichts. Lucks durfte munter weiter den staatlichen Ankläger spielen – bevorzugt vor Jugendkammern. Erst jetzt hat das Justizministerium disziplinarische Vorermittlungen eingeleitet. Wenn der im Urlaub weilende Lucks bei seiner Kandidatur bleibt, muß er nach den Worten eines Justizsprechers mit einem „förmlichen Disziplinarverfahren“ rechnen. Das Ziel sei dann, „Lucks aus dem Dienst zu entfernen“, so Ministeriumssprecher Dieter Wendorff im WDR. Da für Lucks aber im November ohnehin die Pensionierung ansteht, könnte es allenfalls zu einer Kürzung seiner Pension kommen. Unfreiwillig erhellend fiel die Reaktion des nordrhein-westfälischen Justizministers Rolf Krumsiek (SPD) aus. Der konservative Spitzensozi tadelte nicht die rechtsradikale Gesinnung seines Anklägers, sondern nur dessen Bekennertum. Es sei ein „Skandal, daß ein Oberstaatsanwalt diese Dummheit besitzt, sich zu einer Partei zu bekennen, die nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ steht...
Für seinen Kampf um Recht und Ordnung stehen Lucks bei den Reps im Revier im übrigen eine Vielzahl höchst qualifizierter Mitstreiter zur Seite. Etwa in Recklinghausen: Dort kandidiert der Ofenbauer Horst Fürkötter für die Reps. Sein Vorstrafenregister – versuchter Betrug, schwerer Diebstahl, Körperverletzung, unerlaubter Waffenbesitz, Wahlbetrug – weist ihn als intimen Justizkenner aus.
Einsam und heimatlos mußte Lucks sich in Bochumer Justizkreisen nie fühlen. Im Geiste sind ihm einige nah. Das wurde zuletzt im April dieses Jahres im Prozeß gegen drei Alt- und Neonazis deutlich, die von Bochum aus rassistische Hetzflugblätter des inzwischen verbotenen „Freundeskreises Freiheit für Deutschland“ verbreitet haben. Die drei Männer, darunter ein 73jähriger Rentner, wurden wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß zwar zu Haftstrafen zwischen 22 und 24 Monaten verurteilt, aber trotz einschlägiger Vorstrafen allesamt auf Bewährung. Die 8. Strafkammer hielt den fanatischen Neonazis in der Urteilsbegründung zugute, sie hätten in Sachen Asylbewerber und Ausländerstraftaten auf „tatsächlich existierende Probleme hinweisen“ wollen und dabei „nur in der Art der Darstellung überreagiert“. In den Hetztraktaten des „Freundeskreises“ wurden Asylsuchende u.a. als „Schmarotzer und Kriminelle“ denunziert und die Brandanschläge auf Flüchtlingsheime so kommentiert: „Das deutsche Volk tritt zum Widerstand gegen seine Auslöschung an und beginnt sich zu wehren ...“ Walter Jakobs
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