: In 20 Sekunden ein Fahrrad bauen
Mit einem Faltrad wurden schon über 80 Stundenkilometer gefahren / Die Fans wollen sie nicht mit den Klapprädern der Siebziger verwechselt sehen / Edelversion: 5.000 Mark für gut zehn Kilo ■ Von Eva Blank
Zusammengefaltet haben sie ungefähr die Ausmaße eines Autoreifens. Auseinandergefaltet sind Falträder überraschend schnelle und funktionstüchtige Räder, die ihren großen Geschwistern nur in der Reifengröße unterlegen sind – dank guter Gangschaltungen.
Problemlos passen sie in jeden Kofferraum und ersparen so das mühselige Hochhieven und Festzurren auf dem Autodach. Auch im Verbund mit Bus und Bahn lassen sich Innenstädte bei Aufbauzeiten von um die 20 Sekunden mit den kleinen Flitzern schnell erschließen.
Christoph Beck, Faltrad-Händler in der Charlottenburger Goethestraße, weiß seine Begeisterung kaum zu zügeln. Daher legt er Wert auf die Unterscheidung zwischen Falt- und Klapprädern: „Klappräder sind die furchtbaren Räder aus den Siebzigern, die das Fahren zu einer Tortur machen.“ Deshalb hält er auch nichts von billig importierten Fahrrädern. Diese seien schon für 500 Mark zu haben, würden aber im Vergleich mit den Markenrädern schlecht abschneiden. Ulrich Grift, Verkäufer bei Zweirad Bahrdt, widerspricht: „Wer es für die Laube oder das Auto braucht, ist mit einem billigeren Fahrrad gut bedient.“ Es sei als kleines Transportmittel, an das man keine hohen Ansprüche stelle und mit dem man keine Riesentouren fahren wolle, durchaus sinnvoll.
„Mit ein paar Handgriffen schon, ganz ohne Werkzeug, läßt sich das Brompton in ungefähr einer halben Minute zusammen- und auseinanderfalten.“ An kleinen Rädern, die am Gepäckträger befestigt sind, kann es wie ein Rollenkoffer hinterhergezogen oder mit seinem Gewicht von 12,5 Kilo in einer Tasche getragen werden.
„Großer Radstand, aufrechte Sitzhaltung und eine hintere Rahmenfederung sorgen für Fahrkomfort“, beschreibt Beck das Brompton. Zusätzlich verhindere ein Kettenspanner, daß die Kette beim Entfalten jedesmal neu aufgezogen werden müsse.
Ausgereifte Technik, originelles Falten
Als kleinstes der ungefähr zehn verschiedenen Falträder kann das Brompton überall hin mitgenommen werden: „So ist man mobil, ohne gleich ein Auto mieten zu müssen oder auf Busse angewiesen zu sein“, so Beck, daher sei es trotz seines Preises von rund 1.500 Mark für viele Menschen attraktiv.
So schnitt in einem Faltradtest der Zeitschrift Fairkehr im Februar '92 das Brompton als gutes und sicheres Fahrrad ab. Gelobt wurden die ausgereifte Falttechnik und die originelle Abstellmöglichkeit durch das abklappbare Hinterteil. Nur der Sattel war den Testern zu hart.
Stefan Klein, Mitinhaber von Christiania bikes in der Köpenicker Straße in Kreuzberg, hält das Brompton für eine hervorragende Ergänzung im öffentlichen Nahverkehr. Er kritisiert aber, daß sich beim Brompton für Leute über 1,90 m Lenker und Sattel nicht weit genug herausziehen ließen. Dennoch verkaufe sich das Brompton gut. Die Kunden müßten sich nur an die kleinen Räder, den geringen Achsabstand und die Rahmenformen gewöhnen.
Probleme dieser Art gibt es beim Moulton, dem edleren, ebenfalls englischen Bruder des Brompton, nicht: „Vorne und hinten besitzt es eine Federung, die das Fahrradfahren zu einem himmlischen Vergnügen macht. Kopfsteinpflaster ist nicht mehr spürbar“, schwärmt Beck. Hochfeste Materialien mit extremer Lebensdauer und ein leichter Gitterrohrrahmen seien weitere Vorteile. Allerdings ist das Moulton nicht so schnell und klein zusammenlegbar wie das Brompton. In zwei Teile zerlegbar ist es durch einen zentralen Rahmenbolzen mit Verschlußhaken. Die Schaltungszüge müssen nicht getrennt und der Lenker kann seitlich weggeklappt werden, um dann in einer Transporttasche verstaut werden zu können.
„Das Moulton widerlegt auch das Vorurteil, daß kleine Räder langsamer sind. 1986 errang es auf einer Teststrecke von 200 Metern mit 83,6 Stundenkilometern den Weltrekord für Straßenfahrräder“, erzählt Beck stolz. Doch diese qualitativ hohen Fahreigenschaften haben ihren Preis: 5.000 Mark und mehr, je nach Zubehör, müßten schon hingelegt werden.
Beck gibt aber zu bedenken: „Für ein Auto mit gutem Fahrkomfort werden Tausende ausgegeben. Warum soll man dann an der viel umweltfreundlicheren Version sparen, wenn sie das gleiche Fahrvergnügen verspricht?“
Unbekannte Alternative kostet rund 1.300 Mark
Zudem bietet die Firma Peschley in England einen Nachbau des Moulton-Faltrades ab 1.700 Mark an. „Billiger ist es, weil hier nicht die speziellen Rohre verwendet werden, die dem Moulton seine Stabilität verleihen.“ Aber vom Fahrkomfort her stehe das all-purpose bike von Peschley dem Moulton in nichts nach, so Beck.
Das Bernds-Faltrad, 10 Kilo schwer und hergestellt in Deutschland, ist eine, wenn auch noch unbekannte, Alternative zum Brompton. Zusammengefaltet sei es ein bißchen größer als das Brompton, ungefähr wie ein großer Koffer. Es biete aber durch eine Hinterradfederung gleichen Fahrkomfort wie das Brompton, so Beck. „Schnellspanner ersparen Imbusschlüssel und sonstige Werkzeuge.“ Sein Rahmen, der wie aus einem Guß wirkt, sorgt für Aufsehen, ebenso wie das hochgelegte Tretlager. Resultat dieses Rahmens ist eine hohe, aufrechte Sitzhaltung, die ein angenehmes Fahren garantiert, aber dazu führt, daß man immer beim Anhalten vom Sattel absteigen muß, um stehen zu können. Preislich liegt es bei ungefähr 1.300 Mark. Angesichts zunehmend verstopfter Straßen sind Falträder eine echte Alternative.
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