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„Handel statt Hilfe“ für Südafrika

Die ehemaligen Frontstaaten im südlichen Afrika wollen bei einem Treffen mit der EU mit neuem Selbstverständnis antreten / Sorge vor der Übermacht Pretorias  ■ Aus Johannesburg Willi Germund

Die Staaten des südlichen Afrika wollen bei einer gemeinsamen Sitzung mit der Europäischen Union in Berlin am 5. ud 6. September nicht als Bittsteller um Almosen betteln. „Wir wollen keine Hilfe, wir bitten um Investitionen“, erklärte in der vergangenen Woche Namibias Handels- und Industrieminister Hidipo Hamutenya. Vor allem Namibia funktionierte in den vergangenen Jahren als Triebfeder für ein neues Selbstverständnis. „Handel statt Hilfe“, lautet das neue Motto.

Auf der Konferenz der „Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas“ (SADC) am Montag wurde deutlich, daß dies auch für die anderen Staaten der zehnköpfigen Gemeinschaft gilt.

„Die Wirtschaften der Tigerstaaten in Südostasien sind langsam überhitzt. Dort wird nach Investitionsmöglichkeiten gesucht“, erklärte der namibische Minister Hamutenya, „wir wollen uns dafür anbieten.“ Auch in Europa soll der Eindruck verstärkt werden, daß das südliche Afrika nach Jahren politischer Konflikte mit der Ausnahme von Angola Stabilität entwickelt hat – und es sich lohnen würde, dort zu investieren.

Im Jahre 1980 von den sogenannten Frontstaaten gegründet, um durch den Wirtschaftsverbund gegen das Apartheid-Regime in Südafrika standhalten zu können, nahm die SADC bei ihrer Sitzung am Montag in Botswanas Hauptstadt Gabarone das „neue Südafrika“ als Mitglied auf. Außerdem wurde die Organisation kurzerhand umbenannt. „Association of Southern African States“ (ASAS) nennt sich die Gruppe jetzt, weil neben der ökonomischen Integrierung in Zukunft auch politische Interessen und Sicherheitsfragen gemeinsam abgestimmt werden sollen.

Südafrikas Außenminister Alfred Nzo betonte zwar immer wieder, daß sein Land die anderen Staaten nicht bevormunden wolle. Aber er machte klar: „Die Region des südlichen Afrika gehört zu unseren Prioritäten.“ Wie berechtigt die Sorge der anderen Partner in der ASAS vor der Übermacht Südafrikas ist, zeigt ein Blick auf die Handelsbilanz. Die bisherigen Frontstaaten zusammen exportierten 1990 Güter im Wert von 972.000 Dollar nach Südafrika. Der Staat am Kap der Guten Hoffnung aber lieferte Güter im Wert von 4,7 Milliarden Dollar in die damaligen Frontstaaten.

Die Bilanz dürfte sich noch zugunsten von Südafrika verschieben. Denn die Frontstaaten rechnen in diesem Jahr mit einer Getreideernte von 9,01 Millionen Tonnen – wegen unregelmäßigem Regen dürfte sie damit um 23 Prozent niedriger ausfallen als im vergangenen Jahr. Der Importbedarf von sechs Millionen Tonnen wird wahrscheinlich in Südafrika – mit seiner Ernte von 12,5 Millionen Tonnen gedeckt werden.

Aber Südafrikas Außenminister Nzo machte vor der SADC auch deutlich, daß seine Regierung besorgt ist über die zunehmende Immigration von Afrikanern aus den Frontstaaten. „Es gibt diese Erwartungshaltung, daß man, einmal in Johannesburg, das Gold nur noch von der Straße aufzulesen braucht“, moniert der Minister, dessen Regierung im eigenen Land eine Arbeitslosenquote von 50 Prozent bekämpft. Schon 1992 kamen nach Angaben des „South African Tourism Board“ (Satour) 2,5 Millionen Besucher aus Afrika nach Südafrika.

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