: Kuba: Zeit arbeitet für uns
■ Noch keine Aussicht auf USA-Abkommen
New York (taz) – Bei den Verhandlungen zwischen den USA und Kuba in New York, die nach zweitägiger Unterbrechung am Sonntag nachmittag wiederaufgenommen wurden, gibt es bislang keine Aussicht auf ein Abkommen. Havannas Delegationsleiter Ricardo Alceron hat es auch nicht eilig. Er geht davon aus, daß die Zeit für Kuba arbeitet.
„Nicht wir sind international isoliert, sondern die USA“, betonte der Parlamentspräsident und frühere Außenminister Kubas am Wochenende in einem Gespräch mit Journalisten. Bei Sondierungen mit den New Yorker UNO-Diplomaten von 60 Staaten allein in den letzten zehn Tagen sei „das Wirtschaftsembargo der USA gegen unser Land ausnahmslos abgelehnt worden“. Gleich zum Auftakt der diesjährigen UNO-Vollversammlung Ende September strebt Havanna die Verabschiedung einer Resolution zur Verurteilung der Sanktionen an. Vor einem Jahr fand eine entsprechende Resolution bereits die Zustimmung von 88 Staaten bei lediglich drei Gegenstimmen (USA, Israel, Rumänien).
Alceron rechnet diesmal mit noch mehr Jastimmen, darunter möglicherweise auch einiger westlicher Verbündeter Washingtons, die sich vor zwölf Monaten noch enthalten hatten. Ermutigt fühlt sich Kuba durch die deutliche Embargo-Kritik, die Frankreich letzte Woche öffentlich zu Protokoll gab. Hinter den Kulissen hätten unter anderem Deutschland, Großbritannien und Spanien dieselbe Position bekundet.
Mit der Einladung an den UNO-Hochkommissar für Menschenrechte zum Besuch der Flüchtlingslager auf der US-Basis Guantánamo hofft die kubanische Regierung den Konflikt weiter zu internationalisieren. Erwogen wird auch eine Einladung an die UNO-Hochkommissarin für Flüchtlinge. Deren Genfer Sprecher hatte kürzlich erklärt, eine zeitlich unbegrenzte Unterbringung von Kuba-Flüchtlingen in Guantánamo sei ebenso eine Verletzung der Flüchtlingskonvention wie die Internierung von Kubanern, die politisches Asyl in den USA beantragen wollten.
„Niemals zuvor“, so Alceron, sei „der Konflikt zwischen Kuba und den USA so offen und auf so hochrangiger Ebene diskutiert worden wie derzeit.“ Als „einen Erfolg und eine erste Konzession der Clinton-Administration“ wertet es Havannas Delegationsleiter, daß sich Washington nach zunächst entschiedener Ablehnung zu den New Yorker Verhandlungen bereit gefunden hat. Alceron verweist auf die wachsende Zahl von Mitgliedern des US-Kongresses sowie einflußreicher Kommentatoren in den Medien, die Präsident Clinton zu einer Änderung seiner Politik drängen.
Nach Auffassung Alcerons arbeitet die Zeit daher für Kuba. Dies beziehe sich nicht nur darauf, die Erhöhung von Aufnahmekontingenten für Flüchtlinge zu verhandeln, sondern auch auf die Aufhebung des Wirtschaftsembargos. Kuba sei allerdings „nicht bereit, eine Aufhebung des Embargos mit politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen zu erkaufen, die sich gegen die Interessen unseres Volkes richten.“ Alle bisherigen Bemühungen zur Wirtschaftsreform in Kuba würden durch das US-Embargo „torpediert“, meinte Alceron.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen