: Bundesnachrichtendienst wird zum Drogenfahnder
■ Koalitionsparteien und SPD einigten sich auf Verbrechensbekämpfungsgesetz
Bonn (dpa) – Gut einen Monat vor Ende der Legislaturperiode haben sich die Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP mit der SPD doch noch auf ein Verbrechensbekämpfungsgesetz verständigt. Damit kann das seit Monaten umstrittene Gesetz, das unter anderem die Einschaltung des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei der Strafverfolgung vorsieht, noch in diesem Jahr wirksam werden. Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) sagte am Montag nach einer Expertenrunde, „mit dem jetzt gefundenen Kompromiß läßt sich die Verbrechensbekämpfung deutlich verbessern“. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Herta Däubler-Gmelin nannte das Ergebnis „vertretbar“.
Das bereits vom Bundestag beschlossene Gesetz war im Bundesrat gescheitert und an den Vermittlungsausschuß überwiesen worden. Es sieht vor, daß der BND künftig auch zur Bekämpfung schwerster Verbrechen eingesetzt werden kann und wichtige Erkenntnisse nicht mehr unter Verschluß halten muß. Nach Angaben des innenpolitischen Sprechers der Unions-Fraktion, Erwin Marschewski, kann der BND vor allem beim organisierten Drogenhandel, bei der Verbreitung von Kriegswaffen – wozu auch der Plutoniumschmuggel gehört – sowie bei der Gefahr terroristischer Anschläge herangezogen werden. Der üblicherweise nur für die Auslandsaufklärung zuständige Nachrichtendienst soll sich auch bei Fällen von Geldwäsche und Geldfälschung einschalten dürfen.
Die SPD legt jedoch Wert darauf, daß der BND nicht als Ermittlungsbehörde in Erscheinung treten darf, sondern seine Erkenntnisse den zuständigen Behörden zuleiten muß. NRWs Innenminister Herbert Schnoor (SPD) hob hervor, der BND könne bei seinen computergestützten Recherchen nur sachbezogene, nicht aber – wie die Union dies ursprünglich verlangt hatte – personenbezogene Suchbegriffe verwenden. Es sei denn, er stoße zufällig auf Namen von in die Tat verwickelten Personen.
Das Gesetz sieht außerdem vor, daß der BND den Funktelefonverkehr zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland nach Indizien für Aktivitäten organisierter Banden abhören darf. Die Vernichtung und Löschung von Daten soll von einem zum Richteramt befähigten Beamten überwacht werden. Die SPD fordert darüber einen jährlichen Bericht. Ferner wird die Kronzeugenregelung auch bei Fällen des organisierten Verbrechens angewandt, wenn die Strafandrohung mindestens ein Jahr Haft vorsieht. In dem neuen Gesetz wird der Strafrahmen für die Leugnung von Auschwitz von drei auf fünf Jahre ausgedehnt. Es regelt auch, daß in Deutschland geborene und straffällig gewordene ausländische Jugendliche nicht abgeschoben werden können.
In der kommenden Woche soll der Vermittlungsausschuß den Kompromiß absegnen. Wahrscheinlich wird der Bundestag das Gesetz dann auf einer Sondersitzung am 21. September mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der SPD beschließen.
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