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Suspendierungen bleiben vorerst bestehen

■ Polizeiskandal: Erste Klage eingegangen / Gericht: „Kein Grund zur Eile“

Die 25 vom Dienst suspendierten BeamtInnen des aufgelösten „Einsatzzug Mitte 1“ können nicht mit einer schnellen Wiedereinstellung rechnen. Das Hamburger Verwaltungsgericht wird vorausichtlich nicht vor Ende des Monats über die Klagen der Polizisten entscheiden. Gerichtssprecher Klaus Seifert: „Hier ist nicht die Eile geboten wie bei einer Demonstration.“

Seifert bestätigte allerdings gegenüber der taz, daß gestern mittag die erste Klage eines wegen des Verdachts ausländerfeindlicher Übergriffe in den Zwangsurlaub versetzten Polizisten eingegangen ist. Der Hamburger Rechtsanwalt Michael Bertling hatte am Wochenende angekündigt, für insgesamt elf Mandanten Eilanträge einzureichen. Seifert: „Ich gehe davon aus, daß weitere Klagen folgen werden.“ Bertling hält die pauschale Suspendierung des Einsatzzuges „ohne vernünftige und faire Anhörung“ nach juristischen Kriterien für rechtswidrig und „unhaltbar“.

Obwohl es sich um Eilverfahren handelt, gibt es keine schnelle Entscheidung: „Die Betroffenen haben ja auch eine Woche gebraucht, bevor sie Klage eingereicht haben“, so Seifert. Der Vorgang müsse durch die Kammer zunächst intensiv geprüft werden, dazu müßten Akten angefordert und der Polizeiführung die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben werden. Seifert: „Hier geht es nicht um eine Demonstration, die abends stattfinden soll und mittags verboten worden ist. In solchen Fällen wird natürlich gleich entschieden.“

Unterdessen ist der nur leicht verletzte Anwalt Walter Wellinghausen, der ebenfalls mehrere suspendierte Beamte des Einsatzzuges Mitte vertritt, gestern an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Wellinghausen war am Donnerstag morgen gezielt von einem Unbekannten ins Bein geschossen worden. Die Polizei wertet den Anschlag als „Warnung“. Polizeisprecher Hartmut Kapp: „Es gibt keinerlei neue Erkenntnisse. Die Sache bleibt weiterhin mysteriös.“ Wellinghausen selbst geht nicht davon aus, daß es einen Zusammenhang zwischen dem Polizeiskandal und den Schüssen gibt.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Rüdiger Bagger hat gestern gegenüber der taz seine Angaben korrigiert, daß gegen Beamte des „Einsatzzug-Mitte 1“ auch im Zusammenhang mit den Polizeiübergriffen auf den Journalisten Oliver Neß während der Haider-Kundgebung auf dem Gänsemarkt ermittelt werde. Bagger: „Es handelt sich um einen Beamten des ,Einsatzzug Mitte II'. Da bin ich falsch informiert worden.“ Bagger betonte aber, daß nach Auswertung des vorliegenden Filmmaterials durchaus das Ermittlungsverfahren auch auf den „Einsatzzug-Mitte 1“-Chef Dieter Dommel ausgedehnt werden könne, der bislang in dem Komplex lediglich als „Zeuge“ geführt werde.

Der Polizeiskandal wird am Mittwoch in der Bürgerschaft debattiert werden. SPD, Statt Partei und Grüne haben das Thema für die Aktuelle Stunde angemeldet. Ob der Parlamentarische Untersuchungsausschuß (PUA) schon am Donnerstag eingesetzt wird, ist aber noch unklar. Die GAL-Fraktion wird beantragen, ihrem innenpolitischen Sprecher und kritischen Polizisten Manfred Mahr den PUA-Ausschußvorsitz zu übertragen. Im Gespräch für diesen Posten ist auch CDU-Sicherheitsfan Karl Heinz Ehlers. Kai von Appen

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