: Aus Unsicherheit abgestillt
■ Offenes Stillcafé in der Vahr berät bei Milchstau und anderen Mutter-Problemen
Laura sieht erschöpft aus, das Trinken an der Brust hat sie geschafft. Der kleine Wonneproppen rülpst wohlgefällig, und spuckt seine werte Mutter liebevoll mit einem Schluck Muttermilch an. „Wenn Flaschenkinder spucken, riecht es viel unangenehmer. So richtig nach Kotze“, sagt eine der Mütter, die sich im „Offenen Stillcafé“ im Mütterzentrum Vahr treffen. Dort können sie sich austauschen. Denn heute können die eigenen Eltern, die oft noch von der Flaschennahrung überzeugt sind, beim Thema Stillen oft nicht mit Rat zur Seite stehen. Da muß die Stillberaterin her.
Birgit Petersen, Stillberaterin und Gruppenleiterin der Stillgruppe in der Vahr, gibt Tips aus eigener Erfahrung. Außerdem ist sie der Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS) angeschlossen. Dort kann sie zusätzliche Informationen von medizinischen FachberaterInnen einholen. Wenn Probleme auftauchen, würden die Ärzte den Frauen häufig schnell zum Abstillen raten. Die meisten Ärzte seien ohnenhin Männer, die keine Erfahrung mit dem Stillen haben, sagt Petersen. Stillen sei zwar die natürlichste Art, Säuglinge zu füttern, aber Probleme könnten durchaus auftreten. Zum Beispiel beim Wachstumschub. Das Baby will mehr Milch, als die Brust hergibt. Aber das macht nichts, denn die Milchproduktion paßt sich der Nachfrage wieder an. „Ich war damals so verunsichert, daß ich abgestillt habe“, sagt eine Mutter im „Offenen Stillcafe“. Hätte es damals ein Stillcafé gegeben, wäre sie hingegangen.
Zwichen fünf und 17 Mütter treffen sich im Stillcafé zu Brötchen und Kaffee. Hier bekommen sie unter anderem gezeigt, wie sie ihr Baby richtig anlegen: Das Baby soll mit dem Bauch richtig am Bauch der Mutter liegen. „Sobald es den Kopf schief hält, zerrt es an der Brustwarze und dadurch können sie wund werden“, sagt die Stillberaterin. Ein weiteres Problem kann der Milchstau sein. Die Brüste schwellen an, tun weh und die Mutter kann sich grippig fühlen. Dann wird den Müttern geraten, sich für ein bis zwei Tage ins Bett zu legen, die Milch mit der Hand ausstreichen und das Baby öfter mal anzulegen. Überhaupt sollten die stillenden Frauen öfter mal oben ohne in der Wohung rumlaufen, und viel Luft an die Brustwarzen zu lassen. Und nach dem Stillen sollte man die Milch einfach an der Brust trocknen lassen.
„In der Öffentlichkeit zu stillen, ist heute immer noch nicht überall akzeptiert“, sagt eine der Mütter. Vor allem nicht, wenn die Kinder schon über ein halbes Jahr alt sind. Doch da würde man reinwachsen, lacht eine der Mutter. Als ihr Sohn ein Jahr alt war, hat er selbst abgestillt, ihr die Milch ins Gesicht gespuckt und ist nicht mehr an die Brust gegangen. Das tat ihr fast schon leid, sagt sie. Und die anderen Mütter ergänzen die Geschichten vom Abstillen. Das Reden ist wichtig. „Denn gerade in der ersten Zeit ist man mit dem Baby ziemlich isoliert“, sagt Petersen. Es sei schön zu hören, wie es anderen Müttern damit ginge, stimmen alle ein.
Da gibt es die heiklen Feststellungen, daß man sich auch in der Sexualität einschränkt, wenn man stillt, wie eine sagt. Abends sei sie nur fertig, und hätte „auf sowas“ keine Lust mehr, bestätigt eine andere. Und ob es eigentlich normal sei, daß ihr Baby nur ein Mal in der Woche in die Windel kackt, will eine der Frauen wissen. „Ja, meiner hat früher nur alle 10 Tage gemacht, jetzt macht er jeden Tag. Pünktlich um vier.“ vivA
Offenes Stillcafé, Kurt-Schuhmacher Allee 11 c, Freitags ab 9.30 Uhr
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