piwik no script img

Weiß die UNO, was in Ruanda vorgeht?

■ Eigene Berichte über Tötungen durch RPF-Soldaten wieder dementiert

Kigali/Goma (AP/taz) – Die Vereinten Nationen wollen ab morgen täglich 4.000 innerhalb des Landes geflüchtete Ruander in ihre Herkunftsorte zurückzubringen, obwohl dem UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Berichte über gezielte Morde an Heimkehrern vorliegen. Das UNHCR hatte am Freitag in Genf mitgeteilt, es habe zweifelsfreie Angaben über solche an heimgekehrten Hutu- Flüchtlingen verübte Racheakte erhalten. Die Berichte seien von einer Delegation des Flüchtlingswerks in Ruanda im Zeitraum vom 1. August bis 5. September zusammengetragen worden. In der Hauptstadt Kigali zeigte sich aber der dortige UNO-Chefsprecher Pierre Mehu verwundert über den Bericht. Ihm lägen keine Informationen über Massaker von Soldaten der regierenden Ruandischen Patriotischen Front (RPF) unter heimkehrenden Hutu vor, sagte er. Das für den Einsatz der mehr als 4.000 UNO-Soldaten in Ruanda verantwortliche militärische Operationszentrum habe gemeldet, die Lage im Lande sei „einigermaßen normal“. Von Massakern habe man in Kigali nichts gehört. Den UNHCR-Angaben zufolge hat die ruandische Regierung ihre Mitwirkung bei der Untersuchung von Augenzeugenaussagen zugesichert. Die UNHCR-Sprecherin in Goma, Zaire, Lyndall Sachs, erklärte, die Zahl der täglich Heimkehrenden sei wegen der alarmierenden Nachrichten von 2.000 auf 300 bis 400 gesunken. Viele Ruander würden mit Macheten- und Schußwunden wieder nach Tansania flüchten.

Der Grund dafür könnte allerdings auch sein, daß ins Ausland geflohene Mitglieder der berüchtigten „Interahamwe“-Milizen, die im Frühjahr dieses Jahres Hunderttausende von Ruandern umgebracht hatten, wieder nach Ruanda zurückkehren. UN-Soldaten wurden Ende letzter Woche in den Südosten Ruandas nahe der tansanischen Grenze geflogen, um Berichte über neue Tötungen zu untersuchen. Regierungssprecher Wilson Rutayisire sagte am Freitag, die Milizionäre würden vom Ngara-Flüchtlingslager in Tansania die Grenze überqueren und versuchen, in Ruanda verbliebene Ruander zur Flucht zu bewegen.

Im zairischen Goma kamen gestern bei Zusammenstößen unter Zairern drei Menschen ums Leben. Wie die UNO mitteilte, hatte zunächst ein plündernder Soldat mit einer Handgranate zwei Menschen in die Luft gesprengt. UNO- Quellen berichtete, Soldaten der ruandischen Ex-Armee bereiteten im Lager Mugunga eine Offensive gegen Ruanda für die erste Oktoberwoche vor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen