piwik no script img

Amigos samma alle mitanand!

■ Wahl in Bayern: CSU verteidigt locker ihre absolute Mehrheit, SPD legt um fünf Prozent zu, FDP und Reps nicht im Landtag, Grüne behaupten sich / Ist die „bayerische Mentalität“ an allem schuld?

Berlin (dpa/taz) – Bayerische WählerInnen honorieren Schlitzohren und Skandalnudeln: Nach den stabilisierten Hochrechnungen vom Abend verteidigt die Amigo-Partei CSU, der Landesvater Stoiber ein Saubermann-Image zu verpassen suchte, locker ihre absolute Mehrheit und liegt bei 53 Prozent. Sie kann damit ihre Alleinregierung nach 32 Jahren weiter fortsetzen. Konkurrentin Renate Schmidt erzielte für sich und ihre Partei einen schönen Achtungserfolg: Mit leicht über dreißig Prozent konnte die SPD fünf Prozent zulegen. Ein Nebenverdienst des CSU-Erfolgs ist der Mißerfolg der Reps: Die Rechtsradikalen sind mit dreieinhalb Prozent nach wie vor nicht im Landtag vertreten. Die FDP verlor ihre sechste Landtagswahl hintereinander und flog mit knapp über drei Prozent aus dem Parlament. Die Grünen mußten während der ersten Hochrechnungen zittern, behaupteten jedoch ihren Stimmanteil mit rund sechs Prozent.

CSU-Generalsekretär Erwin Huber zeigte sich erleichtert über den „hervorragenden Vertrauensbeweis“ und hörte „das Totenglöcklein“ für die Reps läuten. Ministerpräsident Edmund Stoiber betonte die landespolitischen Aspekte der Wahl: „Die Landespolitik hat dominiert.“ Mit Blick auf die Bundestagswahl streichelte er jedoch die gebeutelte FDP: „In Bonn wird sie gebraucht.“ Das planmäßige Werben im letzten Jahr um den breiten rechten Rand der Wählerschaft habe den gewünschten Erfolg gebracht, meinte Stoiber: Der Mißerfolg der Reps sei „mein zweiter großer Erfolg“ an diesem Tag.

Renate Schmidt sieht die SPD schon auf dem „großen Sprung nach vorn“ und zeigte sich „überzeugt, daß der nächste Anlauf klappen wird. Das Projekt, die Regierung in Bayern zu stellen, war von Anfang an auf zwei Legislaturperioden angelegt. Ich freue mich auf die nächsten vier Jahre und die Auseinandersetzungen.“ Renate Schmidt wird Oppositionsführerin im Landtag. SPD-Generalsekretär Günter Verheugen sieht die SPD dem Machtwechsel in Bonn „ein Stück näher gekommen“. Der Münchner SPD-Fraktionschef Albert Schmid machte seine Partei als „einzigen Gewinner“ der Wahl aus, mußte aber zähneknirschend würdigen, daß die CSU es verstehe, „die bayerische Mentalität“ anzusprechen.

FDP-Frau Gisela Bock beklagte die angebliche Kurzsichtigkeit der WählerInnen den Liberalen gegenüber: „Wir sind nicht genau erkennbar.“ Der bayerische Fraktionsvorsitzende Jürgen Doebling erkannte seine Parteireste auf einer „gewissen Talwanderung“, der FDP-Generalsekretär Hoyer – immerhin, dann doch – eine „klare Niederlage“.

Die Grünen hatten schon vor der Wahl die Bayern-Mentalität gefürchtet: „In Bayern gibt es eine Menge kleiner Amigos, die sich gefühlsmäßig mit der CSU solidarisiert haben“, hatte der grüne Abgeordnete Christian Magerl diagnostiziert. Gestern abend nannte die Grünen-Chefin Barbara Hoffmann den CSU-Erfolg „erschreckend“. Sie hoffte, „weiter gute Oppositionsarbeit“ leisten zu können. Der Bonner Vorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Ludger Volmer, sprach von einem „kleinen Rückschlag“, der die Partei zum weiteren Kampf ansporne.

Die Wahlbeteiligung lag mit 68,3 Prozent noch höher als vor vier Jahren. Damals hatten 65,9 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben und die CSU unter dem damaligen Ministerpräsidenten Max Streibl 54,9 Prozent der Stimmen eingefahren. Nachdem Streibl vor eineinhalb Jahren im Zuge der Amigo-Affäre zurückgetreten war, hatte Stoiber das Spitzenamt übernommen. Das für ihn erfreuliche Ergebnis sorgt auch in der Familie des Wahlsiegers für Glück und Sonnenschein: „Ich bin die Frau an seiner Seite, und die bleibe ich auch“, versprach Ehefrau Stoiber vor laufender Kamera familienpolitische Stabilität. Siehe Seite 2

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen