Haitis Militärs beschweren sich über US-Soldaten

■ Vorfall vom Samstag geklärt / Aristide beruft das haitianische Parlament ein, um die Amnestie für die Putschisten zu verabschieden / Erste Flüchtlinge sind zurück

Port-au-Prince (AFP/AP/dpa) Die erste bewaffnete Auseinandersetzung zwischen US-Truppen und haitianischen Polizisten, bei der am Samstag in Cap Haitien zehn Polizisten getötet worden waren, ist geklärt. US-Armeesprecher Barry Willey räumte ein, daß die US-Soldaten das Feuer eröffnet hätten, nachdem sie sich durch die mit Maschinenpistolen bewaffneten Polizisten bedroht gefühlt hätten.

Bei dem Schußwechsel waren auch ein Seemann der US-Marine sowie ein weiterer Haitianer verletzt worden. Fünf Haitianer wurden festgenommen, vier davon sind bereits wieder auf freiem Fuß.

In der Nacht sollen dann zahlreiche Haitianer Polizeireviere und Militärposten geplündert und einen Teil der Waffen den Amerikanern übergeben haben. Ein US- Sprecher in Port-au-Prince bestätigte, daß in Cap Haitien viele Waffen von Zivilisten übergeben wurden.

Die haitianische Armee hat den Schußwechsel der US-Truppen als „brutal und abscheulich“ verurteilt. Die US-Soldaten hätten „blindlings“ das Feuer eröffnet, hieß es in einer am Sonntagabend in der Hauptstadt veröffentlichten Erklärung der Armee. Eine Provokation seitens der Haitianer sei nicht zu erkennen gewesen.

US-Präsident Bill Clinton will auch nach dem tödlichen Vorfall auf eine friedliche Machtübergabe in Haiti hinarbeiten. „Wir bedauern jeden Verlust von Leben im Zusammenhang mit unserer Mission in Haiti“, hieß es in einer am Sonntag in New York verbreiteten Erklärung Clintons. Es müsse aber klarsein, daß die US-Streitkräfte darauf vorbereitet seien, auf feindliche Aktionen zu antworten, und daß sie dies auch tun würden.

Der im Washingtoner Exil lebende Präsident Jean-Bertrand Aristide erklärte unterdessen, er werde das haitianische Parlament schon für diesen Mittwoch einberufen. Das Parlament soll ein Amnestiegesetz für die Militärführung beschließen, wie es in dem zwischen Ex-US-Präsident Jimmy Carter und der provisorischen Regierung Haitis unterzeichneten Abkommen vorgesehen ist. Aristide rief die rund 30 ins US-Exil geflohenen Parlamentarier auf, an der Sitzung teilzunehmen.

222 haitianische Bootsflüchtlinge verließen am Sonntag freiwillig ihr Lager im US-Stützpunkt Guantánamo auf Kuba. Sie sollten gestern in Port-au-Prince eintreffen.