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Unterhaltungsprogramme von Ententrainern

■ Bremens Komiker-Duo Butzbacher & Brommelmeier blödeln sich im Kito mit 25 Micro-Dramen und zersägten Beichtstühlen in die Lachmuskeln des Publikums

Butzbacher & Brommelmeier nennen sich selbst Clowns und das, was sie machen, absurdes Theater. Als wenn das, was Clowns gemeinhin so erleben – hinfallen, Schaumstoffhämmer auf den Kopf kriegen etc. – nicht schon absurd genug wäre. Aber bei diesen Clowns, die im wirklichen Leben Hans König und Martin Pollkläsener heißen, ist die Absurdität anderer Natur. Da steht beispielsweise Butzbacher auf einer Klippe über tosender Brandung und schreit aus voller Brust und einer Laune heraus: „Schweigt, ihr Elemente!“ Plötzlich Stille. Nach einer Weile die Elemente: „Und nun?“ Butzbacher kleinlaut: „Weitermachen!“ Und trollt sich. Solche Clowns brauchen gottlob weder Pappnase noch Ballonschuhe.

Bereits im Januar hatten die beiden Komiker mit ähnlichen Microdramen im Vegesacker Kito großen Erfolg, sodaß am Samstag ebendort 25 weitere folgten, erneut verfaßt von „Brommelmeier“ Hans König. Da die Fabulierfreudigkeit dieser Stückchen über die reinen Dialoge hinausgeht, wurden ein Erzähler (Michael Rundt) und eine Erzählerin (Janine Jaeggi) mit auf die Bühne genommen, die in Worte faßten, was gerade zu sehen war. Keine schlechte Idee, denn mancher Witz ergab sich erst aus dem Zusammenspiel von nüchtern Vorgetragenem und ausladend Gespieltem. Leider war der Gedanke besser als die Ausführung. Bemüht, möglichst viel Witz in möglichst wenig Zeit zu packen, wurde sehr schnell ge- sprochen, wobei man sich oft verhaspelte und hängenblieb. Nicht jeder Versprecher war so unterhaltsam (und vermutlich beabsichtigt) wie der „Entertainer“, der zum „Ententrainer“ wurde. Unvorteilhaft auch die Konstruktion des Kitos, dessen Balken weiten Teilen des Publikums in entscheidenden Momenten die Sicht versperrten. Wenn die günstiger Sitzenden über Mimik und Gestik des Duos lachen konnten, mußten andere in nicht unkomischer Weise selbst ihre Hälse verrenken.

Aber derlei Mängel konnten den Spaß an der Aufführung nicht vollends trüben. In ihren neuen Abenteuern hat es die beiden Käuze nach Korsika verschlagen, wo Brommelmeier seltsame Postkarten an seine Geliebte in Köln schreibt („Dich zu küssen ist wie Biertrinken...“) und mit seinem Partner noch seltsamere Lieder schmachtet: “Wo wird in Angola ein Käfer zerdrückt/Wird in Spanien sich zu heftig gebückt?“ Dabei überrascht König als versierter Gitarrist, und beide präsentieren sich als bemerkenswerte Sänger. Butzbacher verwandelt mit Hilfe eines Staubsaugers und viel Fantasie einen normalen Teppich in einen fliegen- den, vollführt Akrobatisches mit einem Speichelfaden, zerteilt per Kettensäge das Trenngitter eines Beichtstuhls, weil dahinter „alles so zickzack“ aussieht, und ist in seiner Unbeherrschtheit der perfekte wie klassische Gegenpol zum coolen Brommelmeier, der stets die Pointen zu den Gags liefert, die Butz- bacher aufbaut. Der Chemie der beiden ist zu verdanken, daß vermeintlich belanglose Dialoge wie folgender eine Größe erlangen, die der von Aki Kaurismäkis besten Filmen nicht unähnlich ist. Buttzbacher: „Ich fühle mich einsam.“ Brommelmeier: „Das geht vorbei.“ „Das hatte ich vergessen.“ „Das kommt vor.“

Andreas Neuenkirchen

Der dritte Streich folgt im November im Lagerhaus. Dann als zweiwöchiges Gastspiel.

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