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Kein Kastensystem

■ betr.: „Wie Männer Männer lie ben“, taz vom 30.9.94

Ein Ledermann, ein Freier, ein Pädophiler: Sicherlich sind sie Bestandteil der schwulen Szene, jedoch ebenso sicher wurde hier kein Szene-ABC vorgeführt, sondern eher ein kleines Kraushaar-Monogramm. Die Schwulenszene ist kein Kastensystem, wie hier behauptet wurde, denn die einzigen Kästen sind die Schubladen in den Köpfen derer, die Pluralität mit Beliebigkeit verwechseln.

Zum Offenbarungseid wird es, den eigenen Kurzschluß zum düsteren Orakel hochzustilisieren: „Die Idee von den Männern, die Männer lieben, ist eine Sackgasse.“ Diesen latenten Selbsthaß, der Praunheims Anfangsprosa gebetsmühlenartig wiederholt, hat die heutige Schwulenbewegung und jeder Mann der einen Mann liebt, nun wirklich nicht verdient. Hier wurde eher das heterosexuelle Vorurteil verinnerlicht, als ein fairer Blick auf schwule Vielfalt geliefert. Wolfgang Paetzold, Heidelberg

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