: Bad boys and good girls
■ Nach der Bundestagswahl werden in Berlin die besten StripperInnen gewählt
Conny steht auf Schwarz-Rot. Schwarz sind die Lacklederstiefel, die Handschuhe, die knappen Lederdessous, die Mütze und die Federboa. Nur der Minirock ist rot. Die 23jährige ist seit fünf Jahren Stripperin und wird Ende des Monats bei den internationalen Striptease-Meisterschaften in der Kongreßhalle die Hüllen fallen lassen.
Bei der gestrigen Pressevorführung erzählte sie ganz unbefangen von ihrer Karriere: Nach einer konservativen Erziehung sei sie auf Drängen ihrer Mutter Sekretärin geworden. Und auf Drängen ihrer Schwiegermutter in spe Stripperin. Nach anfänglicher Scheu habe sie sich von einer ehemaligen Ballettänzerin mit der Aussicht auf „ein interessantes Leben und Geld“ locken lassen und wird seitdem von „einer der ersten Oben- ohne-Tänzerinnen im Osten“ für 300 Mark pro Auftritt vermittelt.
Die „Bad Boys“ dagegen, drei knackige junge Männer aus Ostberlin und Transsylvanien, brauchen keine Agentur. Sie sind ihre eigenen Manager, ihre Körper sind ihr Kapital. Was bei den Damen die Federboa, ist bei ihnen die Eisenkette. Diese schwingt der langhaarige Markus wie ein Lasso über seinem blonden Haupt. Kunststück, der 25jährige hat an der Staatlichen Zirkusschule Wurfakrobatik gelernt. Nach der Kette wirft er die schwere Lederjacke von sich, und sein athletischer Körper wird nur noch von einer arg zerschlissenen Jeans bedeckt. Etwas umständlich pult er sich aus den Fransen heraus. Sein roter Slip dagegen ist in einem besseren Zustand, der aber bleibt an.
Eigentlich sollten sich ja gestern Laienstripper zu einem Vorentscheid für die Meisterschaft vorstellen. Aber Joachim Winkelmann, Manager der Veranstaltungsagentur aus Treptow, zog es vor, die Hobbystripper unter Ausschluß der Presse vortanzen zu lassen und führte gestern lieber verläßliche Profis vor. Denn nichts liege ihm mehr am Herzen als „Seriosität“. Am 27. und 28. Oktober wird dann das Publikum den Striptease-Pokal verleihen. Auf die erhoffte Politprominenz wird Winkelmann aber verzichten müssen. Jugendsenator Thomas Krüger (SPD), der sich mit seinem Nackt- Wahlplakat quasi schon qualifiziert hatte, denke nicht dran, zu kommen, so sein Pressesprecher gestern. Barbara Bollwahn
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