Bosnien-Teilungsplan endgültig gescheitert

■ Serbenführer Karadžić läßt Frist für die Annahme des Teilungsplans der Kontaktgruppe endgültig verstreichen / Kämpfe in verschiedenen Teilen Bosniens

Split (taz) – Mit dem 15. Oktober ist die Frist verstrichen, die der Führung der bosnischen Serben unter Radovan Karadžić geblieben war, um den Plan der Kontaktgruppe zur Aufteilung Bosniens doch noch zu unterschreiben. Damit ist es der Kontaktgruppe (USA, Rußland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien) nicht gelungen, ihre Absicht durchzusetzen, ohne militärische Gewaltanwendung den Krieg in Bosnien in einen stabilen Waffenstillstand umzuwandeln.

Ursprünglich hatten die USA angekündigt, in dem jetzt eingetretenen Fall das Waffenembargo gegen Bosnien-Herzegowina aufzuheben. Davon waren sie jedoch schon im September wieder abgerückt. Eine der damals angeführten Begründungen aber, die Hoffnung nämlich, das Embargo Serbiens gegenüber den bosnischen Serben könnte Karadžić zur Unterschrift zwingen, hat sich nicht erfüllt. Vielmehr scheint sich herauszuschälen, daß der Druck des serbischen Präsidenten Milosević auf Karadžić allein gegenüber der internationalen Gemeinschaft „erfolgreich“ war, die sowohl den Druck gegenüber Karadžić wie auch gegenüber Serbien selbst reduziert hat.

Daß die bosnisch-serbische Führung zumindest militärisch keineswegs am Ende ist, zeigen die militärischen Aktivitäten der letzten Tage. Offenbar soll noch vor dem Wintereinbruch die bosnische Hauptstadt Sarajevo verstärkt unter Druck gesetzt werden. So geht der Aufmarsch der serbischen Truppen 15 Kilometer nördlich von Mostar, vom Nevesinjsko Polje aus, weiter. An dieser Stelle soll wohl die für Zentralbosnien lebenswichtige Verbindungsstraße von Mostar nach Sarajevo unterbrochen werden. Dabei werden die Stellungen der bosnischen Armee mit schwerer Artillerie angegriffen, über eine Stunde lang mußte die Straße gesperrt werden. Über diese Straße im Tal des Flusses Neretva verläuft die wichtigste Landverbindung zwischen der Adria und Sarajevo. Vor den Angriffen hatten drei Konvois des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge mit insgesamt 470 Tonnen Lebensmitteln die Straße nach Sarajevo passieren können. Eine vollständige Sperrung würde die Versorgung von Sarajevo gefährden, da die meisten Hilfskonvois diesen Weg benutzen.

Auch in der zentralbosnischen Region Vares und Olovo, wo die serbisch-nationalistische Seite schon mehrmals durchzubrechen versuchte, kam es zu heftigen Attacken der serbischen Streitkräfte, 2.000 Artilleriegranaten sollen dort nach Angaben der bosnischen Armee täglich abgefeuert worden sein.

Ein drittes Kampfgebiet wird aus dem Städtedreieck Tesanj, Doboj und Maglaj gemeldet, wo serbische Artillerie aktiv ist. Um diese Kampfmaschinerie in Gang zu setzen, bedarf es erheblicher Mengen an Material und auch an Mitteln, die unter das serbische Embargo gegenüber dem serbischen Bosnien fallen, wie zum Beispiel Treibstoff. Beides steht den bosnischen Serben aber offenbar in ausreichenden Mengen zu Verfügung.

„Die nachgiebige Haltung gegenüber Radovan Karadžić hat den Krieg in Bosnien keineswegs beruhigt, er wird verstärkt fortgeführt“, erkärte in einem Hintergrundgespräch ein amerikanischer Diplomat in Split. Ebenfalls am Wochenende forderte der bosnische Präsident Izetbegović die Kontaktgruppe und vor allem US- Präsident Clinton auf, keine den Serben weiter entgegenkommende Pläne der Kontaktgruppe vorzulegen, sondern auf der Akzeptierung des vorhandenen zu bestehen. Erich Rathfelder